Wieso Ausgrenzer Ausgrenzung beklagen, weshalb Marine le Pen genauso gefährlich ist wie der IS, und warum die Polen Nazis sind / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Donnerschlag, das hat gesessen! Das Ergebnis der ersten Runde der französischen Regionalwahlen wirbelt die Mächtigen in Europas Hauptstädten kräftig durcheinander. Mit 28 Prozent ist Marine Le Pens „Front National“ (FN) stärkste Partei geworden, vor den konservativen Republikanern und den Sozialisten.
Die Kommentatorin einer deutschen Tageszeitung bringt die Stimmung auf den Punkt: „Frankreich steht unter Schock.“ Das klingt alarmierend – und eigenartig: Unter Schock? Warum denn? Also nochmal: Der FN ist stärkste Partei geworden, er hat damit die relative Mehrheit der französischen Wähler hinter sich gebracht. Warum sollten die denn jetzt schockiert sein? Etwa, weil die von ihnen angekreuzte Partei auch gewonnen hat?
Wenn Frankreich, sprich: ganz Frankreich, „unter Schock“ steht, kann das nur heißen, dass die deutsche Kommentatorin die FN-Wähler einfach nicht mehr dazu zählt. Sie haben durch ihre falsche Wahl gleichsam das Recht verwirkt, auch „Frankreich“ zu sein.
Um diesem brutalen Akt der Ausgrenzung die Krone aufzusetzen, erzählt uns die Journalistin noch, was sie vom FN an Schrecklichem befürchtet, nämlich, dass er „undemokratische Gleichschaltung und Ausgrenzung von Andersdenkenden“ betreiben werde.
Das muss man erst mal fertigbringen: Erst grenzt sie die stimmenstärkste Partei völlig aus dem Land aus, dann wirft die Kommentatorin den von ihr Ausgegrenzten vor, sie betrieben Ausgrenzung. Und unter totaler Missachtung der relativen Mehrheit behauptet sie pauschal, Frankreich stehe unter „Schock“, um danach den Anführern jener relativen Mehrheit „undemokratische Gleichschaltung“ vorzuhalten. Spinnt die?
Sicher, und dennoch ist der Artikel ausgesprochen lehrreich. Er macht nämlich den Blick frei auf das wüste Jammertal, in dem sich der etablierte deutsche Debattenzirkus verlaufen hat. Die Kollegin bemerkt den himmelschreienden Widerspruch in ihren Zeilen gar nicht, sonst hätte sie das ja nicht so geschrieben. Die Frau stellt keinen Einzelfall dar, sondern steht beispielhaft für die verkorkste Denk- und Diskutierweise, die unser Land so starr und so stickig gemacht hat. Mit denen, die sich nicht der herrschenden Richtung, dem „Mainstream“, unterwerfen wollen, wird nicht diskutiert, die werden für nicht existent erklärt oder als Schreckgespenst missbraucht. Je lauter die Tonangeber in diesem Heuchlerspiel ihre „Weltoffenheit und Toleranz“ feiern, desto aggressiver gehen sie auf jeden Abweichler los.
Und Vorsicht: Wenn jemand ständig erklärt, er sei „Demokrat“, dann war das früher eher ermüdend – nach dem Motto: Demokraten sind wir doch alle, also warum kehrst du das derart heraus? Das war einmal. Heute ist solcherlei Selbstbeweihräucherung ein Grund, misstrauisch zu werden. Denn in unserer verschrobenen Zeit streichen viele Leute ihr Demokrat-Sein nur deshalb so penetrant heraus, weil sie auf diese Weise ihrem Gesprächspartner unterjubeln wollen, er sein keiner. „Also hören Sie mal, ich bin schließlich Demokrat!“ bedeutet: „Ich bin Demokrat – im Gegensatz zu Ihnen!“
Dass solche Anmaßung meist selbst zutiefst undemokratisch ist, stört niemanden, wie uns eine andere deutsche Tageszeitung in ihrer Reaktion auf das französische Wahlergebnis vor Augen führt. Das Blatt fordert, dass viel schärfer gegen Parteien und Strömungen wie den FN vorgegangen werden müsse. Vor dem Hintergrund des in Frankreich nach den Attentaten verhängten Notstands zetert die Zeitung, es sei „höchste Zeit, gegen den verhängnisvollen Fatalismus angesichts des Vormarschs der rassistischen und reaktionären Rechten einen anderen, politischen Notstand der Mobilisierung zu erklären: Es geht dabei um dieselbe Freiheit, die von der Gewalt islamistischer Fanatiker bedroht wird.“
Rumstata! Der FN ist für die Freiheit genauso gefährlich wie jene fanatischen, radikal-islamischen Massenmörder, welche gerade 132 unschuldige Menschen in den Tot gerissen haben. FN, das sind Monster. Und was macht sie so schrecklich? Das können wir wieder dem erstgenannten Kommentar entnehmen. Dort steht nämlich, wieso Le Pens Partei in Wahrheit „eher braun“ aussehe. Nämlich, weil sie für die „Schließung der Grenzen, die Rückkehr zum Franc, die nationale Rückbesinnung auf die eigene Identität“ einstehe und damit für die „Abschottung Frankreichs nach außen“.
Mit „Schließung“ ist natürlich die Kontrolle und der Schutz der Grenzen gemeint. Dass man Frankreich künftig weder betreten noch verlassen darf (das würde „Schließung“ bedeuten), hat der FN nirgends gefordert. Fassen wir also zusammen: Wenn Sie die D-Mark dem Euro vorziehen, unsere Grenzen kontrolliert sehen wollen und wenn Sie obendrein eine Rückbesinnung auf unsere Identität als Deutsche für empfehlenswert halten, dann sind Sie ein „Brauner“, gegen den nur noch eine notstandsgerechte „Mobilisierung“ hilft.
Wie die „Mobilisierung“ im Alltag aussehen kann, hat der lettische Regisseur Alvis Hermanis im Hamburger Thalia-Theater erkunden dürfen. Dort hat er es gewagt, im Hinblick auf den Pariser Terror eine andere Meinung zur Zuwanderung zu vertreten als es die „Refugees Welcome“-Linie des Hauses vorsieht. Hermanis lebt mit seinen sieben Kindern in der französischen Hauptstadt und berichtete den Hamburgern vom Klima der Angst nach den Anschlägen, davon, dass die jüdische Gemeinde von dieser Angst getrieben bereits die Stadt verlasse. Da ein Attentäter offenbar als „Flüchtling“ über Bayern eingesickert war, wollte er die pauschale Befürwortung offener Grenzen nicht mehr unterstützen und fragte: „Ist es immer noch ein Tabu, in Deutschland Einwanderung und Terrorismus zu verknüpfen?“
Nun muss man wissen, dass sich das Thalia-Theater emsig engagiert für Zuwanderer und auch gern Stücke spielt, welche die „richtige“ Meinung zum Thema verkünden – und zwar nur die „richtige“. Hermanis schildert seine Begegnung in einer öffentlichen Erklärung: „Nachdem ich mit den Menschen vom Thalia sprach, wurde mir klar, dass sie nicht offen für gegensätzliche Meinungen waren.“
Daher hat der Lette eine für April angesetzte Inszenierung im Thalia nun abgesagt, denn „sie (die Thalia-Leute) identifizieren sich mit einem Refugee-Welcome-Center. Daran will ich nicht teilnehmen.“ Spitz fragt er die Hamburger in seiner Erklärung: „Glauben Sie wirklich, dass 40 Millionen Einwohner in Polen, zum Beispiel, Neonazis und Rassisten sind?“
Die Antwort kann er haben: Selbstverständlich glauben wir das! Mehr noch: Wir wissen es sogar! Schließlich wollen die Polen den Zloty behalten, ihre Grenzen kontrollieren und obendrein legen sie großen Wert auf ihre nationale Identität, auf die sie sich nicht einmal „zurückbesinnen“ müssen, weil sie ihnen ohnehin schon immer höchst präsent war.
Unsere Zukunft könnte recht merkwürdig aussehen, wenn in Frankreich und anderen Ländern der EU wie jetzt schon in Polen oder Ungarn die „rassistischen und reaktionären Rechten“, also die „eher Braunen“ das Ruder übernehmen und Deutschland als einziges Land übrig bleibt mit seiner Vorstellung von „Weltoffenheit“, mit „Refugees Welcome“, seiner „politischen Mobilisierung“, dem Euro und der Verdammung von nationaler Identität…
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