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Begrifflicher Untergang

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Von Thomas Bovet

Zu kaum einer anderen Zeit wurde in Deutschland so wenig (gutes) Deutsch gesprochen und geschrieben, wie im letzten Jahrzehnt. Damit ist nicht die Verwässerung der deutschen Sprache durch Zuwanderung gemeint, die aufgenommene Anglizismen und Handytexten.

Hier geht es um politisch korrekte Begriffsschöpfungen, die Sprachakrobatik des Genderismus und willkürliche Wortkonstrukte zur Abgrenzung der Gesinnungssphären.

Einerseits entstehen täglich neue Sprachkeulen mit denen – durch einen Begriff – umfangreiche Schmähbilder des Gegners effizient vermittelt und Widersacher in die sozialen Leprakolonien verbannt werden können. Andererseits werden bestehende, bisher klare Begriffe, mit denen Generationen die gleichen Bilder vermittelt wurden, mit neuen Definitionen beladen. So fallen immer mehr Worte – denen im altehrwürdigen Brockhaus seit über 200 Jahren die gleiche Bedeutungen zukamen – unter die willkürlichen Kategorien von Rassismus, Diskriminierung, Hetze und Unsozialem.

Ein Mensch aus Afrika war tausend Jahre lang ein Neger, bis er „schwarz“ wurde (man verzeihe das Wortspiel) und schließlich „farbig“.

Obwohl diese Leute weder schwarz noch bunt sind, wurde die einzig richtige Bezeichnung aus dem (salonfähigen) Wortschatz verbannt. (Man darf sich wundern, dass sich der Begriff Jude durch die Äonen im Gebrauch erhielt. Weil Juden im Dritten Reich eben auch Juden waren, könnte man bei diesem Wort heute zögern. Wäre nicht Semit, Hebräer oder Zioner – Zionist hat eine andere Bedeutung – unverkrampfter?)

Die tatsächliche Gossen- und Fäkaliensprache, Verleumdung, Beleidigung und Verunglimpfung des Mitmenschen, erlebt daneben eine neue, beispiellose Blüte.

Nach dem ersten rausgerutschten „Oh Sch…“ einer geistig überforderten Prominenten, ging es Schlag-auf-Schlag bergab. Innerhalb weniger Jahre waren vor laufenden Kameras die tiefsten Bereiche des weiblichen Unterleibs ohne großes Aufsehen erreicht. Man kann wohl darauf warten, bis in den Nachrichten und den Parlamenten die ersten Worte aus den Endphasen des Stoffwechsels und der tierischen Reproduktion zur graphischen Beschriebung beitragen werden. Die ohnehin schon saloppe Berichterstattung, in der Ereignisse mit meinungsmachenden Adjektiven versehen und entsprechenden Minen der „Journalisten“ kommentiert werden, bietet sich so noch verständlicher für die zweidimensionale Smartphone-Generation.

Wie gut ist „gut“?

Aber uns geht es hier hauptsächlich um die guten Begriffe, Worte, die vor Humanismus und Altruismus scheinbar nur so strotzen. Dazu gehören, u.a.:Kompromissbereitschaft, Pragmatismus, soziale Gerechtigkeit, kulturelle Integration, Gleichberechtigung, usw., usw. Es ist die Kultivierung und Umdeutung gerade dieser Worte, welche die Meinungen und Einstellungen der Bürger auf die gewünschte Gesinnungsebene rangieren. Es sind diese vermeintlich „guten“ Begriffe, welchen den größten sozialen Schaden anrichten.

Warum?

Weil die Kernbedeutung und Konsequenzen dieser Worte nicht mehr in Frage gestellt und berechtigte Einwände oder Ausnahmen zu ihrer Bedeutung eliminiert werden. Bei Kompromissen ist ein erfolgreicher Ausgang Seltenheit.

In einem der größten Bestseller aller Zeiten, „Atlas Shrugged“ schreibt Ayn Randkurz und präzise:

“In any compromise between food and poison, it is only death that can win. In any compromise between good and evil, it is only evil that can profit”.

Der Deutungsschwindel mit Kompromissen verschlimmert sich mit der Einsicht, dass die Ausgangspositionen als Extreme schnell aus der Diskussion verdrängt werden.

Politische Kompromisse gehen stets auf Kosten des Volks.

Der Pragmatist wird gelobt als realistischer Macher und man wünscht sich pragmatische Führungspersönlichkeiten – ungeachtet dessen, dass der Pragmatismus die Endphase der Rationalisierung ist (Duden: „eine nachträgliche verstandesmäßige Rechtfertigung eines aus irrationalen oder triebhaften Motiven erwachsenen Verhaltens“)

Ich denke, so eine politische Führung haben wir schon!

Der Pragmatiker ist generell ein anti-konzeptuelles Wesen. Was er am meisten fürchtet, sind die Fundamente der Philosophie, besonders der Ethik. Um sie zu begreifen und anzuwenden, benötigt es eine längere, zusammenhängende, konzeptuelle geistige Kette, deren Verständnis (über die ersten rudimentären Glieder hinweg) sein Geist schon verhindert hat. Prepräsentation und Bestätigung seiner perzeptiven Vorstellungen findet er in der gleichgesinnten Gruppe und durch die Anzahl seiner Anhänger.

Eine vertraute Erscheinung?

Wenn Sie meinen Ausführungen in meinem Buch bisher folgten, konnten Sie schon lesen, dass der Begriff der sozialen Gerechtigkeit einen doppelten Boden hat, oder eher zwei falsche Böden.

Der erste ist „Gerechtigkeit“ – eine Institution die seit John Lockes Konzept für eine faire Gesellschaft ihrer ursprünglichen Axiome längst beraubt und mit Konformität durch wohlfeile, bürokratische Regularien ersetzt wurde. Die zweite Falschheit besteht in der Illusion, dass unser Leben weiterhin gerechter würde durch das Adjektiv „sozial“.

Das gesamte soziale Leben einer Nation beruht auf deren Verfassung und die daraus sich ableitenden Gesetze.

Jede Maßnahme zu Gunsten einer Gruppe wird zum Nachteil einer anderen. Welcher Gruppe die Gerechtigkeit „gehört“ bestimmt die populistische Willkür. Bekommt man eine gerechtere Marktwirtschaft mit einer Dosis Marximus, oder funktioniert der Sozialismus für alle, mit einer Dosis Marktwirtschaft?

Wobei wir wieder bei Kompromissen wären.

Hier sind die Worte von F.A. Von Hayek:
„…Wiesel-Wörter (sind) jene, die, wenn man sie einem Wort hinzufügt, dieses Wort jedes Inhalts und Bedeutung berauben. Ich glaube, das Wiesel-Wort par excellence ist das Wort „sozial“. Was es eigentlich heißt, weiß niemand. Wahr ist nur, dass eine soziale Marktwirtschaft keine Marktwirtschaft, ein sozialer Rechtsstaat kein Rechtsstaat, ein soziales Gewissen kein Gewissen, soziale Gerechtigkeit keine Gerechtigkeit – und ich fürchte auch, soziale Demokratie keine Demokratie ist.“

Kulturen lassen sich nicht integrieren.

Eine Kultur dominiert, oder verkümmert und löst sich auf. Kulturen können wohl Seite-an-Seite existieren, wenn die Konzepte ihrer Institutionen und ihre Weisen sich nicht gegenseitig zum Feindbild haben. Auch die Gleichberechtigung hat ihre Grenzen dort, wo die gleichen Rechte zwar jedem grundsätzlich zustehen, den Rechtnehmern jedoch die gleichen Vorraussetzungen fehlen.

Wer hält das Monopol?

ie größte Gefahr durch die guten Begriffen ist, dass mit ihnen die Deutungshoheit für die gesellschaftlichen Werte vorbestimmt werden. Sie bekommen als einzige Festung der Menschlichkeit und Gerechtigkeit öffentliche Anerkennung, alle abweichenden Haltungen landen in der um sie herum brandenden „braunen Suppe“. Die Pluraltät und positions-übergreifende Diskussionen werden dann zur Farce. Auch die Oberhäupter europäischer Staaten werden nicht von dem altruistischen Ultimatum der deutschen Regierung verschont: Adoptiert unsere willkürlich festgelegten Werte – oder akzeptiert das Prädikat des hässlichen Rechts-Populismus! Lautet die Forderung. (Alle politischen Parteien sind populistisch, aber nur diejenigen rechts der Mitte gelten hier als „populistisch“).

Die „guten“ Begriffe sind eben ein effizienter und bequemer Ersatz für Vernunft und rationale Argumente.

Der Titel des „Spiegels“ (51/2015) verdeutlicht diese vorherrschende Ansicht, dass das Gute sich links und erhöht befindet und alles was sich nicht links, oder wenigstens in der Mitte halten kann, befindet sich auf der scheifen Ebene.

Und die führt nur in eine Richtung – nach rechts und nach unten.

Der Untertitel des Bildes fragt: „Verliert Deutschland seine Mitte?“ Dabei sind es doch die Volksvertreter, die ihre „Mitte“ verloren haben. Fürchtet der Staat klare Positionen seiner Bürger, wäre wohl die bessere Frage. Wer nie ein Nazi war, der wird sich auch nach 2 Millionen zusätzlichen Einwanderern keine Glatze scheren und ein paar Springerstiefel kaufen.

Ob die Regierung die Gesinnungsdebatte für ihre Ziele entscheiden kann, bleibt jedoch noch offen. Die Mitte rutscht nach rechts – wenn die Regierung weiterhin die Platform ihrer Gesellschaft einseitig nach unten kippt. Der Mensch denkt durch seine Sprache.

Diese prognostiziert den baldigen Hirntod des deutschen Volkes.

http://freiraum-magazin.com/2015/12/21/begrifflicher-untergang/

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