Von Nicolaus Fest
Nach einer hörenswerten Rede Christian Lindners im rheinland-pfälzischen Landtag sind einige Freunde der Ansicht, die FDP sei eine wählbare Option. Ordnungspolitisch stünde sie auch mir nahe, nur hat sie die Grundsätze der Ordnungspolitik in den Jahren ihrer Regierungsbeteiligung regelmäßig verraten. Unter Westerwelle trug sie in der schwarz-gelben Koalition jeden Unfug mit, auch die Rechtsbrüche bei der Griechenland-Rettung. Ämter zählten letztlich mehr als Parteiprogramm und Grundsätze. Dass ausgerechnet die eigentlich ordnungspolitische FAZ die Liberalen wenige Tage vor der letzten Bundestagswahl per Leitartikel komplett und ohne jede Nachsicht hinrichtete, hatte seine Gründe. Das ist nun alles Schnee von gestern, und vielleicht macht es Lindner besser; aber die Skepsis bleibt.
Wie dehnbar das Verständnis der FDP hinsichtlich der eigenen Programmatik ist, wird zudem an ihrer Haltung zur EU deutlich. Dass die EU in großen Teilen undemokratisch ist, dass sie keine Gewaltenteilung lebt, dass sie weder für Eigenverantwortung steht noch für individuelle Freiheit, muss man nicht mehr ausführen. Es gibt hunderte Beispiele für EU-Kollektivismus und Bevormundung, und alle müssten die FDP in Opposition bringen. Ebenso widerspricht der Euro jedem Gedanken von Selbstverantwortung – und das von Beginn an, schon allein wegen der Zinsboni auf Staatsanleihen schwacher Länder. Immer war der Euro eine Transferwährung, durch Rettungsschirme und Staatsanleihenkauf wurde dies lediglich für jeden sichtbar. Doch auch dort war der FDP das Mitspielen am großen Tisch wichtiger als die eigene Programmatik.
Geschenkt. Mein Haupteinwand ist ein anderer, der kaum je erwähnt wird: Die traditionelle Nähe der FDP zur arabischen Welt. Die Beziehungen der Naumann-Gesellschaft zu den radikal-islamischen Muslimbrüdern galten über Jahre als außerordentlich eng, das Eintreten Herrn Möllemanns für terroristische Organisationen wie PLO und AlFatah ist gemeinhin bekannt. Auch jetzt sitzt Herr Kubicki in der Deutsch-Arabischen Gesellschaft, und über Jahre kam von Seiten der FDP so gut wie keine Kritik an der saudischen Finanzierung von Terrorgruppen, am arabischen Kulturimperialismus, an der Benennung palästinensischer Schulen nach islamischen Selbstmordattentätern.
Lichtklar wird das Verhältnis der FDP zum Islam in der Beziehung zum FDP-Mitglied Aiman Mazyek, dem Chef des Zentralrats der Muslime (ZMD). Auf der Website des Zentralrats wird – wie hier schon geschrieben – empfohlen, bei Eheschließungen in Deutschland Eheverträge aufzusetzen, Frauen mit Blick auf Erb-, Unterhalts- und Sorgerecht klar zu benachteiligen und fast rechtlos zu stellen. Natürlich soll die Frau dem Mann jederzeit sexuell zur Verfügung stehen, außer – immerhin – bei körperlichen oder geistigen Krankheiten. Und erst zwei Frauen haben bei der Bezeugung von Verträgen das gleiche Gewicht wie die Aussage eines Mannes. Schriebe irgendein Mitglied anderer Parteien auf seiner Website, die Aussage eines Ariers sei nur durch Aussagen von mindestens zwei Juden zu entkräften, oder dass man jüdische Frauen bei Eheverträgen entrechten solle, wäre der Parteiausschluß unausweichlich. Aber für die FDP ist all dies kein Grund, Anstoß zu nehmen. Nicht nur Grenzen, auch westliche Kernwerte lassen sich flexibel interpretieren.
Nachtrag: Ein Freund, dem ich diese Bedenken gegen die FDP schrieb, leitete die Mail an Christian Lindner weiter, der sich trotz Landtags-Wahlkampf Zeit nahm zu antworten. Das ist freundlich, auch wenn in der Sache kaum Freundliches kommt. Meine Vorbehalte gegenüber der FDP seien, bei aller Begründung, nicht mehr als Ressentiments. Da es zur EU, hier verweist Lindner auf ein Wort Genscher, keine Alternative gebe, kämen nur Reformen in Betracht. Auch so kann man Grundsatzfragen ausweichen: Wenn man keine Antwort weiß, beruft man sich auf den Ehrenvorsitzenden. Zu Kubicki und Naumann-Stiftung kein Wort, und Mazyek sei „vor langer Zeit“ aus der FDP ausgetreten. Das mag so sein, wenngleich laut Wikipedia die Mitgliedschaft seit 2010 lediglich ruht. Doch ist Masyek schon seit 1994 im Zentralrat der Muslime, war ab 2001 dessen Pressesprecher, ab 2006 Generalsekretär – und in all diesen Jahren Mitglied der FDP, ohne dass es je Kritik gab. Auch hat Masyek seine Mitgliedschaft nicht etwa auf Veranlassung der FDP ruhen lassen, sondern weil er sich über die Verleihung eines FDP-nahen Preises an die Islamkritikerin Kelek ärgerte. Ebenso kritisierte er 2010 scharf eine Auszeichnung des mit dem Tode bedrohten Karikaturisten Kurt Westergaard. Und hier wie dort: Nichts von der FDP.
So ist es wie immer mit der FDP: Tolle Grundsatzreden, kluge Programmatik; aber in der Realität der liberalen Beliebigkeit lässt man lieber Fünfe gerade – und Kubicki in der deutsch-arabischen Gesellschaft. Ob die FDP dadurch mitwirkt, den islamischen Faschismus in Deutschland gesellschaftsfähig zu machen, mag jeder selbst beantworten.