Von Ramin Peymani
Die Uhr tickt. Wohl nur noch bis zu den drei Landtagswahlen im März darf Angela Merkel Kanzlerin bleiben. Wenn die Ergebnisse in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt feststehen, dürfte es Zeit sein, zu gehen.
Seit Wochen muss die CDU wegen Merkels Politik ein Umfragetief nach dem anderen verdauen. In Scharen wechseln die Wähler die Fronten. Satte 81% aller Deutschen lehnen den Kurs der Kanzlerin in der Zuwanderungspolitik ab, und selbst unter den Anhängern von CDU/CSU sind es immer noch stolze zwei Drittel. Klarer kann das Misstrauensvotum der Wähler nicht ausfallen. Merkel ist in einer Weise abgestürzt, wie man sie selten erlebt hat. Nur noch 46% halten ihr die Stange. Es waren einmal drei Viertel und mehr.
Weitsichtige Beobachter hatten gewarnt, als Merkel 2005 das Zepter übernahm, doch die Mehrheit der Deutschen brauchte ein ganzes Jahrzehnt, um zu erkennen, welche Gefahr von einer Frau für Demokratie und Rechtsstaat ausgeht, die ihr politisches Handwerk in einer Diktatur erlernt hat.
Merkels Abgang kommt vielleicht gerade noch rechtzeitig, um das von ihr angerichtete Chaos zu ordnen. Es gilt, die gespaltene Gesellschaft halbwegs zu einen, vor allem aber Verfassung, Strafrecht und Parlamenten wieder Geltung zu verschaffen.
Gerade noch hatte Deutschlands Regierungschefin mit dem mühsam ausgehandelten Asylkompromiss gehofft, sich etwas Luft zu verschaffen, da schießt ihr Berliner Koalitionspartner quer: Vize-Kanzler Gabriel will von einem Unterbinden des Familiennachzugs für minderjährige Zuwanderer plötzlich nichts mehr wissen. Das sogenannte Asylpaket II steht auf der Kippe. Es war ohnehin nur als Beruhigungspille für jene gedacht, die nicht durchschauen, dass die meisten Maßnahmen gar nicht umsetzbar sein werden.
Noch dementiert Statthalter Schäuble tapfer alle Gerüchte, er könnte auserkoren werden, um nach Merkel die Union als Sanierer bis zur Bundestagswahl wieder auf Kurs zu bringen. Doch dem restlichen Führungspersonal reißt zunehmend der Geduldsfaden.
Mehrfach hat die mitten im Wahlkampf stehende CDU-Frontfrau Klöckner ihren Unmut kundgetan. Am Wochenende legte sie noch einmal nach. Für sie läuft Merkels Galgenfrist bereits beim EU-Gipfel am 18./19. Februar ab. Klöckner mag man noch unterstellen, sie schiele selbst auf das Kanzleramt. Für ihren Kollegen Boullion gilt dies sicher nicht. Der saarländische CDU-Innenminister befürchtet Unruhen und Gewalt. Er sendet eine deutliche Botschaft nach Berlin, wenn er sagt spätestens im Frühjahr werde „auch der einheimischen Bevölkerung irgendwann der Kragen platzen“.
Nun wird Merkel auch die Hilfe der Springer-Presse nichts mehr nutzen. Da kann ihr Mann als Mitglied des Vorstands der Friede-Springer-Stiftung im Hintergrund so eifrig die Fäden spinnen, wie er mag. Und auch mit der Entsendung wackerer Getreuer in die allabendlichen Talkshows lässt sich das Ruder nicht mehr herumreißen. Schon der vermeintliche Coup, den abgetauchten Herrn Altmaier wieder aus der „Flüchtlingskoordinatorenkiste“ herauszuholen, verfehlte seine Wirkung gänzlich. Der Rechtsstaat war auch damit nicht wiederzubeleben.
Eine Liebesbeziehung war es ohnehin nie zwischen Merkel und der deutschen Verfassung. Doch der Realitätsverlust, der sich am Ende einer viel zu langen Amtszeit unweigerlich einstellt, hat eine Gesamtlage herbeigeführt, die unsere Demokratie nachhaltig beschädigt hat.
Beim Wiederaufbau Deutschlands nach dem unrühmlichen Kapitel Merkel sollten alle politisch Verantwortlichen in einem überparteilichen Vorstoß daher schnell die Voraussetzungen für eine Begrenzung von Amtszeiten schaffen. Vorrangig muss aber die Kontrolle der Verfassungsorgane über die staatlichen Abläufe wiederhergestellt werden. Dazu gehört neben der Stärkung von Richtern und Abgeordneten, ein Stück staatliche Souveränität von Brüssel zurückzuerobern. Es kann gelingen – nutzen wir die Chance, die der Neuanfang bietet.
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