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Ist das alte Christentum ein westlicher Verwandter des Hinduismus-Buddhismus?

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Von Klaus Lelek

„Monotheismusfalle“: Die Kirchen haben aus Unkenntnis ihrer eigenen Herkunft ihren eigenen Henker, den Islamismus, zum Partner gewählt und taumeln ungebremst in den Abgrund. Wo man archetypische Urbilder vertreibt, nisten sich Dämonen ein. Eine Streitschrift

Bereits die mittelalterlichen Scholastiker haben erkannt, dass das monotheistische Judentum nicht die einzige Quelle des Christentums sein kann. So sind viele Glaubensinhalte und Dogmen zweifelsohne antiken Ursprungs, allen voran die neuplatonische Logos- und Dreifaltigkeitslehre. In den Portalen der großen Kathedralen stehen die Figuren griechischer Philosophen gleichberechtigt neben denen jüdischer Propheten; und an anderen Stellen hat man sogar die Sternzeichen und Planeten in den christlichen Pantheon integriert. Aber auch das Spätjudentum selbst, nebst seinen biblischen Hauptprotagonisten Jesus und Johannes, zeigen Einflüsse, die ihren Ursprung nicht in Palästina haben. Nur unbelehrbare evangelikale Fundamentalisten glauben, Jesus wäre wie ein Komet vom Himmel gefallen und hätte das Christentum quasi im Handgepäck mitgebracht. Vorstellungen, von denen sich bereits Humanisten wie Erasmus von Rotterdam, Nicolaus von Kues und Thomas Morus verabschiedet hatten.

Galiläa, Schmelztiegel der Antike

Um sich dieser Tatsache bewusst zu werden, lohnt eine Reise in die Frühzeit des Christentums und dessen Vorläuferorganisationen. So haben sich bei den Essenern und ihrem galiläischen Ableger, den so genannten “Henoch-Gemeinden”, Elemente eingeschlichen, die auf östliche Quellen hinweisen. So etwa der Glaube an eine Wiedergeburt, die Abkehr von irdischen Bestrebungen und die Praxis, sich in mönchsähnliche Gemeinschaften oder gar als Einsiedler in die Einöde zurückzuziehen. Hinzu kommen Friedenssehnsucht, ein Erlösungsdenken und das tiefe Bedürfnis, durch Spiritualität und Askese alle Erdenschwere abzustreifen und eins mit Gott zu werden. Alle diese aufgezählten Elemente sind dem orthodoxen Judentum als reine „Gesetzesreligion“ fremd. Hier zählen allein – wie übrigens auch im Islam – das stereotype Abfeiern bestimmter Riten. Kein Schritt zu viel am Sabbat, kein Opfer zu wenig im Tempel usw. Geordnete Familienverhältnisse mit vielen Kindern. Ein individueller Erlösungsweg mit propagierter Weltflucht war den Etablierten suspekt. Das wird an vielen Stellen des neuen Testamentes immer wieder hervorgehoben.
Diese völlig neue Sicht von Gott und Mensch hat ihren Ursprung zweifellos in Indien, wo es Mönchsgemeinschaften, Eremiten und Asketen bereits seit vielen Jahrhunderten gab. Religiöse Texte wie die Veden und Upinaschaden sind wesentlich älter als erste griechische Philosophieversuche und lassen auch biblische AT-Texte zeitlich und inhaltlich weit hinter sich. Durch Alexander den Großen und den nachfolgenden Hellenismus rückten nun westliche und östliche Kulturzentren näher zusammen. Zwar gab es schon während des Perserreiches Wahrheitssucher und spirituell angehauchte griechische „Touristen“, allen voran Herodot, aber über Babylon hinaus war wohl kaum einer gekommen. Kunde von fremden Göttern und Religionen gelangten nur sporadisch über Händler und Karawanen stark verfremdet nach Griechenland. Über das Seleukidenreich, zu dessen Einflusssphäre auch Galiläa gehörte, drangen nun vermehrt östliche Einflüsse in den Mittelmeerraum. Diesen spirituellen Fluss, der zusätzlich von altägyptischen und babylonischen Weisheitslehren gespeist wurde, nennt man „Antike Gnosis“. Seine zoroastrischen, dualistischen, aber auch Einflüsse des Mahayana Buddhismus, wurden sowohl von der griechischen Philosophie wie vom Spätjudentum gierig aufgesaugt. Als besonderer Schmelztiegel dienten hierbei die Metropolen Alexandria und die große syrische Stadt Antiochia. In beiden Städten sind direkte Kontakte zu buddhistischen Lehrmeistern belegt.

Als der Orient noch größtenteils tolerant, weltoffen und gebildet war

In diese tolerante Welt eines antiken Synkretismus mit jüdischen Sekten, gnostischen Sekten, neuplatonischen Weisheitsschulen, Mysterienbünden und natürlich dem immer noch existierenden Pantheon römisch-griechisch-orientalischer Götter und vor allem Göttinnen wurden auch Jesus und Johannes hineingeboren. Nach ihrer Hinrichtung existierte das Umfeld immer noch. Denn nur auf diesem gut vorbereiteten spätantiken Acker hatte das Christentum überhaupt eine Chance, sich auszubreiten. Dabei konnte die neue Religionsgemeinschaft kaum auf die Unterstützung ihrer orthodoxen Landsleute hoffen. Auch das Reservoir der spätjüdischen Sekten war schnell ausgeschöpft. Zumal sich Essener, Zeloten und andere Gruppen noch bis 75 n. Chr. als eigenständige Gruppe hielten. Spätestens nach dem Bar-Kochba-Aufstand kam jegliches jüdisches Leben, gleich welcher Ausrichtung, fast vollständig zum Erliegen. Bereits unter Paulus waren „Judenchristen“ nur noch eine Randgruppe und spielten bei der weiteren Ausbreitung der Religion überhaupt keine Rolle mehr. Je weiter sich das frühe Christentum von seinen jüdischen Wurzeln und der Lebensweise seiner Stifter entfernte, desto mehr nahm es Elemente aus dem griechisch-aramäisch-ägyptischen und bald auch römischen Umfeld auf.

Wie viel Judentum und „heidnische Antike“ steckt im Christentum?

In einer Schlüsselszene des Johannesevangeliums (Joh. 12. 20) treten GRIECHEN als zukünftige Adressaten an Jesus heran. In der darauf folgenden Rede bedient sich Jesus des typischen Vokabulars griechischer Mysterienkulte „Wenn das Weizenkorn nicht auf die Erde fällt und stirbt“ und entfaltet mit den Worten „Ich bin als Licht in die Welt gekommen, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in Finsternis wandelt“ eine typisch gnostische Metaphorik.
Am Ende gewinnt der Schreiber des Johannesevangeliums beinahe symbolisch den Wettlauf zum Grab des Auferstandenen. Nicht Jerusalem, sondern Ephesus, die Hauptstadt der antiken Mysterien, wird zum wichtigen Dreh- und Angelpunkt des Christentums. Hier werden nicht nur das Johannesevangelium und die Apokalypse niedergeschrieben, sondern es wird ein noch größerer Baustein des Christentums gelegt: die Marienverehrung. Dies ist kein Zufall. In Ephesus befand sich das größte Heiligtum der Arthemis, deren Attribute eins zu eins auf Maria übertragen wurden. Aus der einfachen aramäisch-jüdischen Mutter Jesu wurde die große Himmelskönigin. Antike Statuen wurden einfach umbenannt. So kommt es, dass Maria wie ihre Vorgängerin auf einer Mondsichel thront. Aber auch Johannes, der „Lichtbringer“, hat einen antiken Vorläufer, den strahlenden Apollon. Mittelalterliche Abbildungen zeigen Johannes und Maria vor dem Kreuz stets überstrahlt von ihren Symbolen Sonne und Mond.
So nach und nach hat das spätantike, frühmittelalterliche Christentum fast den gesamten griechisch-römisch-orientalischen Pantheon aufgesaugt und christlich umgeformt und damit an alte, archetypische, religiöse Urbilder angeknüpft.

Ähnliche archetypische Urbilder im Hinduismus und Christentum

Betrachtet man diese archetypischen Urbilder nur nach ihren Attributen und verzichtet auf diverse Namen, so stellt man sehr schnell fest, dass es zwischen dem mittelalterlichen Pantheon des Christentums und den hinduistisch-buddhistischen Entsprechungen unglaubliche Parallelen gibt, bauen beide doch als synkretistische Sammelbecken auf ähnlichen Vorläuferreligionen auf. So bilden die hinduistischen Götter Brama, Schiva und Vishnu in ihrer Trimurti ein Pendant zur Heiligen Dreifaltigkeit. Alle drei hinduistischen Gottheiten wiederum sind Ausdrucksformen, Emanationen eines einzigen göttlichen Prinzips, „Braman“ genannt. Womit der Hinduismus ebenso wie das Christentum zu den monotheistischen Religionen gerechnet werden kann und nur vom Islamismus und seinen primitiven, ungebildeten Bilderstürmern als „Götzenreligion“ beschimpft und bekämpft wird. Die großen weiblichen Heiligen Maria und Anna finden ihre indischen Entsprechungen in den „Mahadevi“ Klöstern. Ordensgemeinschaften bis hin zu Asketenbewegungen, z.B. Säulenheilige und Anachoreten, bilden weitere Gemeinsamkeiten. Diese sind schon auf Grund ihrer Lebensweise kaum von indischen Gurus zu unterscheiden. Im Mythos des Purushna gibt sich Gott Vishnu selbst als Opfer dar. Der Buddhismus, als Ableger des Hinduismus wiederum zeigt mit der Vergöttlichung seines Stifters gleichfalls große Parallelen.

Fasten führt nicht immer zur “Erleuchtung”

Als Schlüsselerlebnis beider „Religionsstifter“ gilt eine mörderische Fastentortur, die zu ähnlichen spirituellen Erfahrungen führte, nämlich der Versuchung des Bösen, der Illusionen und Verführungen zu entsagen. Dazu gehört vor allem der Verzicht auf jegliche weltliche Macht! Beide erleben nach diesem Erlebnis eine „Erleuchtung“, werden auf ihre Weise vollkommen eins mit Gott, werden zu Inkarnationen der Transzendenz, während ein anderer Religionsstifter bereits nach einem Tag Fasten – und Fressen am Abend – der Versuchung der Macht unterliegt. Beide, Buddha und Jesus strahlen nach ihrer Verklärung so viel spirituelle und geistige Autorität aus, dass ihnen die Menschen freiwillig folgen. Diese freiwillige Gefolgschaft und Abkehr von der Welt bildet die Grundlage, die Kernlehre christlicher und buddhistischer Botschaft. Sowohl bei Buddha als bei Jesus bestehen große Zweifel, ob sie überhaupt eine „institutionelle Religion“ wollten. Einen anderen Weg schlug dagegen der dritte Religionsstifter ein. Er schuf sich als Straßenräuber (Überfall auf Karawanen) und Sklavenjäger eine Machtbasis und breitete seine Religion einzig durch Massenmorde und blutige Eroberungen aus. Seine ersten Opfer waren die Juden von Medina, die er abschlachten ließ. Die Frauen wurden Kriegsbeute. Nicht freiwillige Nachfolge, sondern Zwang, Todesdrohungen, Versklavung bilden die Grundlage seiner „Privatreligion“. Mit was hätte er auch punkten können? Er war weder ein großer Asket – führte ein ausschweifendes Sexualleben mit zwölf Frauen (die jüngste gerade mal fünf Jahre alt) und Dutzenden Sklavinnen – noch besaß er als theologisch vollkommen ungebildeter Analphabet die Möglichkeit, andere auf friedliche Weise mit Wissen, vorbildlichem Lebenswandel und Spiritualität von seiner „Religion“ zu überzeugen. Es blieb – bis heute – nur der Weg der Gewalt und Einschüchterung.

Religionen funktionieren wie Flüsse – auf die „Quelle“ kommt es an

Man kann die Entstehung einer Religion auch mit einer Quelle vergleichen. Aus der Quelle des Buddhismus und des Christentums sprudelte von Anfang an das spirituelle Wasser der Weisheit, Güte und Menschenliebe. Aus der Quelle des dritten Religionsstifters sprudelte das Blut unschuldiger Menschen. Zwar wurde auch das Christentum im Laufe seiner Entwicklung von so manchen Blutstrom verunreinigt – man denke an Ketzerverfolgungen, Religionskriege, Inquisition, Zwangsbekehrungen von Ureinwohnern – aber die Kernlehre Jesu blieb als Quelle immer rein und unbefleckt. Und so konnten Reformer, Humanisten, Rebellen, Aufklärer, Freiheitskämpfer immer wieder auf diese saubere Urquelle zurückgreifen. Wie aber will man eine Religion reformieren, die von Anfang an einzig auf blutiger Gewalt, Intoleranz und Unterdrückung aufgebaut ist? Wo alles Böse, wie etwa die Erniedrigung von Frauen oder die Gewalt gegen Andersdenken sozusagen zum religiösen Kanon gehört? Die eigentlich nur als Antireligion funktioniert und daher an einer gleichberechtigten Partnerschaft gar kein Interesse hat. Die Gutmütigkeit, Toleranz und Weltoffenheit der anderen dazu benutzt, um sich als Monokultur mit höchst irdischen, ja infernalischen Machtgelüsten zu etablieren.

http://taunuswolf.tumblr.com

 

 

 

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