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HOFFNUNG

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Von Max Erdinger

Noch mit keinem meiner Artikel habe ich so viel Befremden und Unverständnis, auch Widerspruch eingefahren, wie mit dem zu dem Hype um Christian Klar und seinen 300-Euro-Job als Pfleger der Homepage des Bundestagsabgeordneten der Linken, Diether Dehm. (http://journalistenwatch.com/cms/was-soll-die-aufregung/ )

Damit hatte ich allerdings vorher gerechnet. Heute liegen die Reaktionen im Wortlaut vor. Ich will deshalb einmal etwas grundsätzlicher werden. Völlig zu Recht regen sich Viele – mich eingeschlossen – darüber auf, daß brutale Straftaten von Migranten hierzulande zu oft lächerlichen Verurteilungen führen. „Kuscheljustiz“ ist das Stichwort. Allerdings bin ich der Ansicht, daß das exakte Gegenteil einer Kuscheljustiz genau so wenig wünschenswert wäre. Für absolut furchtbar würde ich es halten, wenn allgemein als gerecht angesehen werden würde, den Horror eines Mordes mit der Todesstrafe zu vergelten. Warum?

Was mir an meinem europäischen Kulturkreis, dem vormals christlichen Abendland, sehr gut gefällt, das ist die Hoffnung, die er in allem verströmt. Der Glaube, daß es ein Leben nach dem Tode gibt, ist prägend für meinen Kulturkreis (gewesen?) und wirkt noch heute im Diesseits. Wer davon ausgeht, daß er sich nach seinem Tode vor dem Jüngsten Gericht wird verantworten müssen, der wird die Gewißheit, daß er eines Tages gestorben sein wird, nicht dazu hernehmen, nach dem Motto „nach mir die Sintflut“ zu handeln. Das ist zweifellos ein Segen. Ihm zugrunde liegt das Prinzip Hoffnung. Auch anders herum wird ein Schuh daraus, dann nämlich, wenn es Hoffnung für das Opfer einer fürchterlichen Tat gibt. Mich hat kaum etwas so berührt, wie dieser kleine, dreijährige Junge in Syrien, der an seinen Brandverletzungen sterben mußte, nachdem seine ganze Familie bei einem Luftangriff ums Leben gekommen war. Er wird Gott alles erzählen, sagte er, bevor er starb. Und ich kann nicht sagen, wie froh ich bin, dass der kleine Mann wenigstens diese eine Hoffnung auf Gerechtigkeit noch hatte. Wie furchtbar wäre eine Welt, in der es keine Hoffnung mehr gibt? Hoffnungslosigkeit zu etablieren, kann kein Ziel sein.

Was uns interessieren muß, ist nicht so sehr, wie Christian Klar mit seiner Schuld umgeht, sondern wie wir mit seiner Schuld umgehen. Schuldig kann sich nämlich durchaus auch der Richter machen. Ich halte es für sehr zivilisiert, sich die Barbarei einer schrecklichen Tat nicht zum Maßstab seiner eigenen Reaktion zu nehmen. Man sollte sich nicht treiben lassen, sondern selbst Herr des Geschehens bleiben. Ich frage mich ernsthaft, was einen Menschen treibt, der behauptet, 26 Jahre Haft seien nicht ausreichend, um so gut wie jede Tat angemessen zu bestrafen. Wahrscheinlich ist es der Irrtum, der unterstellt, drakonische Strafen dienten der Abschreckung und seien somit präventiv sinnvoll. Es gibt nicht eine Statistik, die das bestätigt. Es geht mir auch gar nicht so sehr um den Straftäter bei meiner Betrachtung. Mir geht es darum, das Prinzip Hoffnung zu bewahren. Das heißt, daß ich niemandem, auch keinen Straftäter, in die völlige Hoffnungslosigkeit verstoßen sehen will. Das Prinzip Hoffnung ist nämlich von einer ungeheuren kulturellen Tragweite.

Ich habe schon öfter das Bonmot gebracht, daß die Warnung dabei sei, der Zeichensetzerei den Rang abzulaufen. Heute warne ich selbst einmal. Ich warne davor, zu glauben, daß sich durch Gnadenlosigkeit irgend etwas zum Besseren wendet. Gerade Leute wie ich müssen sehr genau aufpassen, wie sie mit ihrem Hass auf das bestehende Unrecht und die Büttel, die es etabliert haben, umzugehen gedenken. Ich bin schwer dafür, der Zuverlässigkeit, mit der linke Utopisten immer und immer wieder absolute Hoffnungslosigkeit über Dissidenten bringen, etwas entgegenzusetzen, das zu der Hoffnung berechtigt, es könne eines Tages endlich einmal Schluß sein mit „Auge um Auge und Zahn um Zahn“. Ich sehe die Gefahr, sich mit dem Bösen in einen Wettlauf um das größere Übel zu begeben. Das kann nicht gut sein. Daß man mit begangenem Unrecht umgehen muß, ist gar keine Frage. Strafe muß sein. Es ist ein Maß gefragt, mit dem man sich nicht selbst beschädigt. Destruktivität mit Destruktion zu begegnen, kann nicht sinnvoll sein hinsichtlich der geistigen Eigenhygiene.

Christian Klar hat sich schuldig gemacht. Es ist seine Schuld, nicht unsere. Er muß mit seiner Schuld leben, nicht wir, und ich halte es für unerlässlich, daß ihm die Hinterbliebenen seiner Opfer nach Jahrzehnten endlich vergeben, wenn sie nicht ihr eigenes Leben lang im Hass gefangen bleiben wollen. Niemand wird seelisch gesund davon, daß er sich das Übel zum eigenen Maßstab macht.

Allerdings sage ich auch, daß ein Handeln in den Kategorien von Hoffnung, Gnade und Vergebung nur dann Sinn hat, wenn derjenige, dem sie entgegengebracht werden, etwas damit anfangen kann. Wenn ich davon ausgehen muß, daß jemand die Gnade und die Vergebung, die ihm entgegengebracht werden, dazu nutzen wird, erneut zu morden und zu bomben, etwa deswegen, weil er sowieso nirgends anders hin will als zu Allah, von dem er annimmt, daß er ihn für seine abgrundtiefe Schlechtigkeit (nach europäischen Maßstäben) noch belohnen wird, dann verlieren Hoffnung, Gnade und Vergebung ihren Sinn. Dann stößt das Prinzip Hoffnung an seine kulturellen Grenzen.

Christian Klar ist Sohn einer Lehrerin und eines Schulamtsdirektors. Ich gehe davon aus, daß er mit der europäischen Perspektive auf das Zeitliche und auf das Ewige vertraut ist. 26 Jahre sind eine lange Zeit im Leben eines Menschen. Christian Klar hat sich nie mit Bedauern über seine Taten geäußert oder gar um Vergebung bei den Hinterbliebenen seiner Opfer gebeten. Salopp gesagt: Sein Bier. Das muß uns nicht interessieren. Ich schätze die Hoffnung unendlich hoch ein.
Linke vergeben nie. Weil sie´s schon kulturell nicht auf die Reihe bekommen. Ich begreife mich als einen „neuen“ Konservativen. Ich halte mich für etwas Besseres.

 

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