Kleine Nachlese über die Rekonvaleszenz geschockter Politiker – Ein Kommentar von Klaus Lelek
Schwere Alkoholiker und Rauschgiftsüchtige wachen meist am nächsten Tag mit einem Riesenkater auf. Bei allen Suchtkranken stellen sich stets die gleichen Symptome und die damit verbundene Verdrängung ein. Schuld am Zittern, Kotzen, Frösteln und den weißen Mäusen ist nicht der Stoff, sondern der Umstand, dass keiner da ist und man erst mal zum Wasserhäuschen oder zum Dealer laufen oder fahren muss, um welchen zu besorgen. Heutige Politjunkies denken ähnlich. Schuld am Wahlergebnis ist nicht Merkels selbstmörderische Flüchtlingspolitik inklusive Lösungssuche mit Erdogan, einem „Paten des Terrors“ (Zitat FAZ), sondern die politische Unmündigkeit des dummen Wahlvolkes, das alle diese Amokfahrten des/der zweitschlechtesten Kanzlers/Kanzlerin seit Reichsgründung von 1871 nicht versteht und darum – so die haarscharfe Analyse – rechten Rattenfängern hinterherläuft. Vor allem hat der Streit zwischen zwei Chaosparteien den Wähler sehr verunsichert. So verkaufte es Hessens Ministerpräsident Bouffier. Als ob der Wähler lieber Benzin statt Salzsäure saufen würde.
Nach dem Schock mit Zittern, Kotzen, Frösteln also wieder die gewohnte Fahrt zum politischen Dealer-Wasserhäuschen. Das Imperium der Dummheit schlägt zurück! Die erste Beruhigungsspritze mit „Wahlium“ setzten sich die Frankfurter Politapparatschicks. Durch das ganze „Herumgepansche“ mit einem sage und schreibe eineinhalb Meter langen Wahlzettel kommt die AfD nur noch auf 8,9 statt auf über zehn Prozent. Oh, wie dieser Stoff durch die Venen geht! Auch Bensheims abgewatschter Bürgermeister hat in der untersten Schublade noch einen Brösel Polit-Piece gefunden und sich gleich eine Tüte gedreht. Seine Erkenntnis nach dreimal inhalieren: Die neue Partei, die immerhin mit 16 Prozent gewählt wurde, verfügt über keinerlei kommunalpolitische Erfahrung. So qualmt es aus ihm heraus. (Klar, sie ist ja erst jetzt gewählt worden.) Dieses Gefühl hat man zwar auch, wenn man sich die Kommunalpolitik der “Profis” in vielen Städten anschaut, aber der Stoff knallt erst mal rein wie mit Opium gestreckter schwarzer Afghan und benebelt vor allem die gleichgeschalteten Medien. Wie gesagt, Süchtige, auch Machtsüchtige, leben von der Illusion und von Trugbildern, die ihren Wunschvorstellungen entsprechen. Natürlich sieht die kommunale Welt nüchtern betrachtet ganz anders aus.
Viele der sogenannten “Neulinge” kommen aus Alt-Parteien, unter anderem aus der CDU, oder haben früher den Freien Wählern oder der FDP nahegestanden. Manche sind Anwälte, Zahnärzte, Freiberufler, Journalisten. Wo ist das Problem? Ich kenne aus meiner Zeit als Lokalredakteur Fälle, da haben es biedere Hausfrauen ohne besondere Bildung zu Bürgermeisterinnen geschafft. Sich in kommunalpolitische Themen einzuarbeiten, ist kein großer Kraftakt, sonst wäre die gesamte Politik ja gänzlich in den Händen von „Berufspolitikern“. Interessant ist, dass man vor mehr als dreißig Jahren auch den Grünen völlige politische Unerfahrenheit nachgesagt hat und dann überrascht war, wie ein ehemaliger linker militanter Straßenschläger ohne Abitur und Ausbildung Außenminister wurde. Diese doppelte Moral beim Anlegen der Messlatte für Kompetenz und Tüchtigkeit ist typisch für Menschen, deren Ego eigentlich nur von Machtinstinkten zusammengehalten wird. Süchtige sind käuflich. Heroinsüchtige lassen sich sogar ficken, um an ihren Stoff zu kommen. Der Mensch steigt in den Augen von Politikern durch die Prozentzahlen seiner Machtfülle. Acht Prozent sind noch nicht viel. Einen solchen Wein saufen nur Tippelbrüder aus der Alditüte. Bei 14 Prozent hat man auch als Politiker schon Rioja-Qualität. Da wird man auch mal zu einem Vieraugensaufen bei Kerzenschein eingeladen. Rein informativ, versteht sich. Und bei 25 Prozent fallen die letzten Hemmungen. Wetten?
Ich bin schon zu lange auf dieser Welt, um dieses ewig gleiche Saufspiel um Macht und Machterhalt nicht zu durchschauen.
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