Von Peter Helmes
Das Atomabkommen mit Iran ist eine Chance – mehr derzeit nicht. Zu viele Konflikte bleiben ungelöst, Konflikte in einer Region, die nicht nur von der Atombombenfrage belastet ist.
Vergangene Woche sonnten sich zwar die fünf ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates im Glanz ihres Verhandlungserfolges mit Iran. Gemeinsam mit Deutschland war es ihnen gelungen, Jahre bitterer Zerwürfnisse zu überwinden und die Verhandlungen mit dem Mullah-Regime zu einem guten Ende zu bringen. Das ist das eine.
Das andere: In dieser Region schwelt seit eh der Palästinakonflikt – ohne Aussicht auf Lösung. Es ist mehr als fraglich, ob auch für Israel und Palästina eine dauerhafte Vereinbarung zu erzielen ist. Denn schließlich handelt es sich – zumal für Deutschland – zuvörderst um die Frage der Existenzsicherung Israels. Und da wurde noch kein Komma zu Papier gebracht, um den Friedensprozeß im Nahen Osten wieder anzustoßen. Von den Herausforderungen des islamischen Terrors und der grausamen Verfolgung Ungläubiger ganz zu schweigen.
Von Nahost bis Fernost – Konflikte
Wir laufen Gefahr, angesichts des Atombombenabkommens wieder ´mal auf dem falschen Bein „Hurra!“ zu schreien – als ob es zur Befriedung der Region und des „Weltfriedens“ nur darum ginge. Iran wetteifert (mit grausamen Mitteln) um die Vorherrschaft im Vorderen Orient mit Saudi-Arabien. Islamische Terroristen des IS erobern eine Landstück nach dem anderen und rotten alles aus, was nicht muslimisch ist. Dazwischen spielt das Fußballvolk von Qatar den Ahnungslosen, finanziert aber ganz offen den internationalen Terror. Von der Ferne senden Afghanistan, Pakistan, Indonesien etc. weitere grausame, muslimische Signale. Und Nordkorea setzt dem Ganzen noch die Spitze auf.
Wir aber klopfen uns auf die Schulter und rufen „Brav gemacht, liebes Deutschland, hamwer wieder die Welt gerettet!“ Nein, bleiben wir auf dem Boden der Tatsachen! Allerdings, das Verhalten der Iran-Mächtigen gibt ein wenig Hoffnung – im magersten Falle ein Einfrieren des iranischen Atombombenprogramms, im besten Fall aber eine fundamentale Umgestaltung der politischen Verhältnisse in der Region. Darauf darf man wenigstens hoffen.
Die Sanktionen sollen fallen, wenn Iran das Abkommen mit all seinen Auflagen ohne Wenn und Aber umsetzt – das kann und wird Monate dauern: Hat Präsident Hassan Rohani so viel Zeit? Als historisch darf gewertet werden, daß sich USA und der Iran zum ersten Mal seit 1979, seit der iranischen Revolution, wieder auf Augenhöhe begegnen.
Auf der Positivseite darf auch die Hoffnung vermerkt werden, daß die Einigung die moderaten Kräfte in Iran stärken wird, die seit Jahren fordern, daß die Islamische Republik ihre Beziehungen zur Weltgemeinschaft normalisieren soll.
Doch auch das konservative iranische Staatsoberhaupt, der Revolutionsführer Ali Khamenei, wird diesen Verhandlungserfolg in seinem Sinne auslegen wollen. Er hat das letzte Wort – als geistlicher Führer muß er dem Abkommen zustimmen.
„Nationale, iranische Interessen gegen ideologische“
Das dürfte gar nicht so einfach werden, meint der aus dem Iran stammende Autor und Publizist Bahman Nirumand im Deutschlandfunk (14.7.15): „Khamenei hat rote Linien genannt, und die sind jetzt überschritten worden. Und es stellt sich die Frage, wie damit umgehen. Nationaler Sicherheitsrat und Parlament müssen das Abkommen überprüfen und zustimmen. Das wird nicht einfach sei. Ein Abgeordneter hat gesagt, es werde zu Spaltung der Gesellschaft führen, weil Konservative und Radikale ihren Widerstand nicht einfach aufgeben werden.“ Es könnte in Iran also durchaus lebendige und kontroverse Debatten über das Abkommen geben.
Das Atomabkommen zeigt in neuer Deutlichkeit, daß sich hinter der antiamerikanischen Fassade der Islamischen Republik in den vergangenen Jahren einiges getan hat. Bereits 2009 hatte Ali Khamenei angedeutet, die Beziehungen zu den USA würden vom nationalen Interesse des Iran geleitet, und nicht (mehr) von der Ideologie.
„Was man hoffen darf, ist, daß Khamenei die zum Teil absurde Feindschaft zu USA in den Hintergrund rückt und offen sagt, daß man sehr wohl in wichtigen Punkten, wenn nationalen Interessen gewahrt werden, mit den USA zusammenarbeiten kann.“ (Nirumand)
Die Vereinbarung könnte nicht nur den Iran davon abhalten, eine Atombombe zu bauen, sie hat schon jetzt die politische Dynamik im Nahen Osten verändert – aber auch zu Spannungen zwischen den USA und seinen Verbündeten in der Region geführt. Dennoch könnte das Abkommen mehr Raum dafür schaffen, größere Themen wie die Kriege in Syrien und im Jemen anzupacken. All das wird Obama und seinen Partnern aber mindestens so viel Aufmerksamkeit und Kreativität abverlangen, wie es die Verhandlungen mit dem Iran getan haben.
Israels Skepsis
Freddy Kühne, unseren Lesern als Kommentator bestens bekannt, beleuchtet in seinem Blog „99 Thesen“ die israelische Seite und schreibt:
Das Atom-Abkommen mit dem Iran stößt in Israel auf allergrößte Skepsis.
von Freddy Kühne
Die Atom-Vereinbarung halte Iran nicht davon ab, zur Atommacht aufzusteigen: die nuklearen Fähigkeiten und Anlagen Irans würden durch das Abkommen nicht nachhaltig eingeschränkt. Sollte sich das iranische Regime dazu entscheiden, Teile der Vereinbarung zu hintergehen, könne es in wenigen Wochen, spätestens jedoch binnen eines Jahres die Atomwaffe in Händen halten.
Israel behalte sich daher von nun ab das Recht vor – auch ohne Rücksprache mit den befreundeten Weltmächten USA und Deutschland – notfalls militärisch gegen das iranische Atomwaffenprogramm vorzugehen.
Israels Ministerpräsident Netanjahu erklärte, die Welt sei durch das Abkommen unsicherer geworden, das Abkommen sei ein Fehler historischen Ausmaßes.
“In deutschen Medien wird das Abkommen fast durchweg als historischer Durchbruch gefeiert. Netanjahu wird vorgeworfen, er schüre die Angst vor dem Iran aus innenpolitischen Gründen, weil ihm diese schon drei Wahlsiege beschert habe. Zudem wird auf die inhaltlichen Erfolge der Vereinbarung mit Teheran verwiesen: Die Zahl der Zentrifugen wird um zwei Drittel reduziert, die Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde haben Zugang zu allen Stätten, das UN-Waffenembargo bleibt weitere fünf Jahre in Kraft. Im Gegenzug werden schrittweise die Sanktionen aufgehoben, können aber bei Verstößen gegen das Abkommen jederzeit wieder wirksam werden.” so berichtet israelheute.com.