Wenn die Wahrheit gleich um die Ecke liegt, wie eine Inszenierung in die Hose geht, und worauf sich Afrikas Potentaten freuen dürfen/ Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Die Wahrheit zu suchen, sei ein spannendes, aber bisweilen mühsames Geschäft, sagen die Philosophen. Die müssen es wissen. Doch zum Glück liegt die Wahrheit manchmal auch gleich um die Ecke und muss nur aufgelesen werden.
„Spiegel“-Autor Jan Fleischhauer ist dies gerade mit Alexander Gauland gelungen. Dessen Aussagen müsse man gar nicht groß analysieren und umständlich fragen, was er hiermit oder damit gemeint haben könnte. Wir müssten ihn nur wörtlich nehmen und schon wüssten wir, was er will.
Im Interview mit dem Magazin verheddert sich der Politiker ein wenig in der Frage, ab wann jemand schon Deutscher sei oder sich erst noch integrieren muss. Damit, analysiert Fleischhauer, lande Gauland bei der Abstammung als Kriterium fürs zweifelsfreie Deutschsein, womit sich der Mann als „völkisch“ entlarvt habe.
Blattschuss: Als größte und finsterste Sumpfblüte der „völkischen Bewegung“ gilt der Nationalsozialismus. Mit anderen Worten: Fleischhauer schwingt die Nazi-Keule, er sagt es nur nicht so deutlich wie die dumpfen „Antifa“-Schreier.
Das mit dem „wörtlich nehmen“ machen wir gerne mit. Gauland hatte ja gesagt, dass es in Deutschland Leute gebe, die Menschen aus sehr fremden Kulturen nicht so gern zum Nachbarn hätten – Aufschrei! In dem von Fleischhauer untersuchten Interview schleudern die beiden „Spiegel“-Leute dem AfD-Vize daraufhin entgegen: „Indem Sie sagen, die Leute wollen Fremde nicht, billigen Sie diese Haltung.“ Wie bitte? Wer eine unangenehme Angelegenheit beim Namen nennt, der befürwortet sie automatisch? Auf so einen Quatsch muss man erst mal kommen.
Wir fühlen uns in die okkulte Welt der Magie versetzt, wo das bloße Aufsagen eines verfluchten Wortes die Welt zum Einstürzen bringen kann. Oder die Benennung von etwas Finsterem das Grauen selbst heraufbeschwört. Durch die beliebten Romane über den Zauberlehrling Harry Potter geistert immer ein Finsterling, der so böse ist, dass sie über ihn nur sprechen als „von dem, dessen Name nicht genannt werden darf“. Strenggläubige Christen haben gegen die Potter-Filme demonstriert, eben weil dort die bei den Christen verpönte Magie verherrlicht werde.
Über diese Protestierer haben wir damals gelacht, aber möglicherweise haben Potter und Co. bei einigen Nachwuchs-Journalisten tatsächlich bleibenden Schaden angerichtet: Indem wir über Fremdenfurcht reden, billigen wir diese – oder reden sie womöglich gar herbei! Denn das ist ja immer die nächste Stufe der Verdammung: „Sie schüren diffuse Ängste!“ Also heißt es beim Thema Fremdenfurcht wohl künftig: „Diese Haltung, die nicht beim Namen genannt werden darf.“
Die Wirklichkeit wird allein dadurch besser, dass wir sie schöner aussehen lassen, dachte sich auch ein Fernsehteam aus Österreich, das nach Schwäbisch-Gmünd reiste, um Asylbewerber dabei zu filmen, wie sie beim Aufräumen nach der Flut helfen.
Leider aber waren da keine solchen, die halfen. Also karrte man mithilfe der Stadtverwaltung eigens Asylbewerber herbei, die, so das Lokalblatt „Rems-Zeitung“, gar nicht wussten, worum es überhaupt geht. In „blitzsauberen Turnschuhen“ und „mit flotter Musik aus Smartphones“ seien die „Flüchtlinge“ in Begleitung von „Krawattenträgern“ angerückt. Die Leute vom Filmteam haben sie sogar gebeten, beschädigte Sachen, welche die einheimischen Helfer längst aus den Kellern geborgen hatten, wieder hinunterzutragen, um sie dann für die Kameras erneut heraufzuschleppen.
Da ist den Gmündnern der Kragen geplatzt. Es soll zu Handgreiflichkeiten zwischen den Einheimischen und dem Kamerateam gekommen sein. Nur Minuten, nachdem die Filmleute abgerückt waren, haben auch die Asylbewerber das Weite gesucht.
Der Sprecher des Rathauses beschwichtigt, man habe für das verspätete Fernsehteam aus Österreich nur nachstellen wollen, dass „sich die Flüchtlinge tatsächlich für die Flutopfer einsetzten“, schreibt die „Rems-Zeitung“, die allerdings anfügt: „Die empörten Bewohner aus der Weststadt wissen jedoch von diesem Einsatz nichts.“
Wie kann eine gut gemeinte Inszenierung nur so in die Hose gehen? Der Regie sind schwere Vorwürfe zu machen: Selbstverständlich hätte man nicht bloß die „zu uns geflüchteten“ Fluthelfer-Darsteller engagieren müssen, sondern auch deutsche Darsteller, die so tun, als seien sie die Flutopfer, nachdem die echten Gmündner komplett entfernt worden sind. Denen hätten die Verantwortlichen ja irgendwas von Seuchengefahr oder so erzählen können.
Am professionellsten wäre es gewesen, die überflutete Stadt gleich ganz in den Bavaria-Filmstudios nachzubauen: Seriöse Nachrichten aus der Traumfabrik, fast wie echt und garantiert unverkeimt von der störenden Wirklichkeit, die für eine politpädagogisch hilfreiche Darstellung ohnehin viel zu „diffus“ daherkommt. So durchinszeniert erst kann die „Macht der Bilder“ ihre ganze Wirkung entfalten.
Diese Macht ist nämlich ein zweischneidiges Schwert, das bei unsachgemäßer Handhabung auch den verletzen kann, der die Klinge schwingt. Das musste „Panorama“-Moderatorin Anja Reschke schon im Januar erdulden, als sie bei „Hart aber Fair“ vom Kollegen Frank Plasberg auf die Rolle genommen wurde.
Plasberg wollte von Reschke wissen, warum bei der damals jüngsten „Panorama“-Sendung bei einem Einspielfilm von den Zuwanderertrecks fast nur Frauen und Kinder zu sehen waren, wo doch die große Mehrheit der zu uns Drängenden junge Männer seien. Reschke, sichtlich verunsichert, behauptete frech, den besagten Film vor der Sendung gar nicht gesehen zu haben (wenig glaubwürdig) und erklärte, dass es sich wohl um die neuesten Bilder von der Lage handele, Muster: gerade erst reingekommen, keine Zeit mehr zum Gegenchecken. Gerade erst reingekommen? In dem Filmbeitrag war deutlich frühherbstliches Laub zu erkennen, das man im Januar doch eher selten findet. Glücklicherweise war Plasberg so taktvoll, die Kollegin Reschke nicht auf dieses botanische Detail anzusprechen. Der Gute ist ja kein Sadist.
Solche dilettantischen Inszenierungen und derben Manipulationen haben einen hässlichen Effekt: Wenn Asylbewerber oder Flüchtlinge wirklich bei der Flutschäden-Bewältigung mitschuften (was es natürlich auch gab), fragen die Leute vor dem Fernseher nicht mehr, wer denn dieser hilfsbereite Iraker sein mag, sondern danach, wer das Drehbuch geschrieben hat und wann auch dieser Schwindel wohl aufgedeckt wird.
Das drückt auf eine Stimmung, die sich ohnehin bald wieder verdüstern wird, denn gerade erst baut sich die nächste Asylflut-Welle auf, wie wir berichteten. Obwohl das EU-Türkei-Abkommen schon zur Farce geschrumpft ist, will die EU das ägäische Modell auch auf Afrika ausdehnen. 62 Milliarden Euro will man etlichen afrikanischen Regierungen oder wem auch immer zukommen lassen, um den Zustrom zu begrenzen.
Wird’s was? Aber sicher. Zwar schickt sich Kenia gerade an, mehr als eine halbe Million Somalier und Süd-Sudanesen aus dem Land zu jagen, und Libyen signalisiert, dass es keine Lust habe, die Europäer zu unterstützen. Doch das dürfen wir getrost als Anlaufschwierigkeiten verbuchen…
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