Brot und Spiele für das Volk? Politik im Schatten der EM 2016
Von Albrecht Krenbauer
Das Diktum „Brot und Spiele für das Volk“ stammt aus dem antiken Rom. Und was im alten Rom Wagenrennen und Gladiatorenkämpfe waren, ist heute die Fußball-WM/EM, Public Viewing und gleichzeitige gastronomische Betreuung des Mobs. Dass es eine Kaiserloge gab und der römische Kaiser den Spielen beiwohnte, sollte Volksnähe dokumentieren. Heute ist die Kaiserloge eine Ehrentribüne, und die ehemaligen Kaiser sind heute Kanzler*innen (ich wollte auch mal ein Gender-Sternchen setzen), ein Präsident oder was für ein Staatsmann respektive Staatsfrau auch immer.
Schon der römische Dichter Juvenal spottete über das gemeine Volk, das sich entpolitisierte und nur noch nach Unterhaltung trachte. Und dies war gezielte Absicht der Herrscher!! Nicht nur erst nur einmal wurden während einer Fußball-EM/WM oder einer Olympiade unbeliebte politische Entscheidungen durchgeboxt, völlig unbemerkt vom deutschen Volke, welches sich den Spielen hingab und tat, als gebe es nichts Wichtigeres auf der Welt. Mal ganz davon abgesehen, daß auch der Leistungssport nur noch der blanke Kommerz ist.
Nach den Spielen kam das böse Erwachen: plötzlich war ein Afghanistan-Einsatz beschlossen oder verlängert worden (heute könnte es um einen NATO-Feldzug gen Russland gehen), es wurden sich selbst klammheimlich die Diäten erhöht oder es wurden zwischenzeitlich (mit Vorliebe) Beschlüsse gefasst, die das ohnehin dünne finanzielle Polster der Volksmassen gegen deren Willen weiter schmälerten. Seltsamerweise ging das ohne großen Parteienstreit in trauter Einigkeit über die Bühne. Währenddessen sitzt der „Deutsche Michel“ grölend und schwarz-rot-gelb-schwenkend an der Mattscheibe oder beim „öffentlichen Fußball gucken“ (Public Viewing, was eigentlich die öffentliche Aufbahrung eines Verstorbenen ist) und man dokumentiert Nationalstolz. Und wenn sich Frau Merkel bei einem „wichtigen Spiel“ auf der Ehrentribüne unter das Volk mischt, dann kann sie sicher sein, daß die unbeliebten Beschlüsse bereits alle durch sind.
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