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Vielleicht gehen sie nicht, die Briten

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Alles nicht so schlimm -Trotz Brexit-Sieg: Die Briten werden verhandeln und in der EU bleiben – Sie bekommen Vorteile, Privilegien, Sonderbehandlungen – Aber Deutschland muss zahlen – Und dann geht alles weiter wie bisher – So jedenfalls sieht es der Jurist und Buchautor Menno Aden

Nun wissen wir es: Die Briten wollen raus aus der EU, zumindest 52 Prozent. Am Donnerstag (23. Juni) war die Volksabstimmung, am Freitag stand das Ergebnis fest, und dann lasen wir alle in den Medien Aufreger-Schlagzeilen wie diese: Brexit! Europa steht unter Schock – Bestürzung in Europa – Das britische Referendum ein schwarzer Tag für Brüssel – Einhellig ziemlich entsetzt – In London geht die Angst um – Kurssturz an den Börsen – Die spinnen, die Briten – So schmutzig kann die Brexit-Scheidung werden – Kann England jetzt noch Europameister werden? Und so weiter und so fort … Bei solchem aufgeregtem Geschnatter und Flügelschlagen tut kühles Überlegen gut. So hat es der promovierte Jurist Menno Aden getan. Sein Fazit: Alles nicht so schlimm, viel Lärm um nichts, es wird keinen Brexit geben. Hier – die Zwischenüberschriften stammen von mir – seine Begründung.

Was passieren wird –  und Deutschland bekommt einen freundlichen Klapps

Menno Aden schreibt: „In diesen Tagen ist der so genannte Brexit, also der Ausstieg der Briten aus der Europäischen Union, in aller Munde. In der Volksabstimmung vom 23. Juni 2016 haben 52 Prozent für den Ausstieg gestimmt, gegen 48 Prozent, welche für den Verbleib votierten. Much ado about nothing, wie Shakespeare sagt, Viel Lärm um nichts. Es wird keinen Brexit geben. Vielmehr wird Folgendes passieren:

• Die Briten beginnen neue Verhandlungen mit der EU über Vorteile, Privilegien und Sonderbehandlungen.
• Um die zu finanzieren, werden sich die Augen Europas auf Deutschland richten. Deutschland, wie immer tief gebeugt von seiner ‚sogenannten Vergangenheit’, wird allem zustimmen.
• Deutschland kriegt einem freundlichen Klapps auf die Schulter – und dann wird weiter gemacht wie bisher.

Diese Überlegungen stützen sich auf folgendes:

Das Ergebnis der Volksabstimmung ist nicht verbindlich

1. Großbritannien hat zwar keine geschriebene Verfassung, aber ein durchaus verbindliches Verfassungsrecht. Eine, eigentlich d i e Kernvorschrift dieses Verfassungsrechtes ist die absolute Allzuständigkeit des Parlaments. Eine Volksabstimmung, wie sie am 23. Juni stattgefunden hat, ist darin nicht vorgesehen. Sie kann stattfinden, aber ihr Ergebnis ist nicht verbindlich.

Volksabstimmungen auch in Deutschland? Jederzeit möglich, aber ebenfalls nicht verbindlich

2. Diese Volksabstimmung war eine Idee des damaligen und noch amtierenden britischen Ministerpräsidenten Cameron. Der britischen wie jeder Regierung steht es frei, zu einer beliebigen Frage das Volk zu befragen. Auch in Deutschland wäre das jederzeit möglich und manchmal auch wünschenswert. In der Schweiz, mit einer ganz anderen Verfassungsgeschichte, haben Volksabstimmungen, welche nach einem bestimmten Verfahren eingeleitet und durchgeführt werden, bindenden Charakter. In Deutschland nicht; in Großbritannien auch nicht.

Der mögliche Verfassungsbruch Camerons

3. Es ist also schon die Frage, ob Cameron nicht bereits dadurch einen Verfassungsbruch beging, dass er die Ankündigung des Referendums mit der impliziten Aussage verband, dass dessen Ausgang verbindlich sein werde. Zweifelsfrei aber ist, dass er die Allkompetenz des britischen Parlaments nicht präjudizieren konnte. Das gilt sogar dann, wenn das Parlament der Aussage Camerons mehrheitlich zugestimmt haben sollte. Ein Parlament kann verbindliche Aussagen nur im Rahmen eines verfassungsmäßigen Gesetzgebungsverfahrens treffen. Dazu hätte ein Gesetz beschlossen werden müssen etwa wie folgt: Das Ergebnis eines durchzuführenden Referendums über den Ausstieg aus der EU wird Gesetzeskraft haben.

Welches Vorgehen von Großbritannien zu erwarten ist

4. Britische Politik ist, ähnlich wie die US–amerikanische, seit jeher überaus geschickt, unangenehme Dinge später positiv umzudeuten. Es ist also zu erwarten, dass ein neuer britischer Ministerpräsident mit etwa folgenden Worten vor die Welt treten wird: Wir wollten die Meinung des britischen Volkes erfahren. Diese nehmen wir im Rahmen unserer Verfassung sehr ernst. Das Brexit-Votum ist ein verbindlicher Auftrag des Volkes, unter den jetzigen Bedingungen die EU zu verlassen. Die Bedingungen, unter denen Großbritannien in der EU verbleiben kann, müssen daher neu verhandelt werden. Wir werden getreu dem Volkswillen austreten, wenn keine befriedigenden Ergebnisse erzielt werden.“

Soweit Menno Aden. Ob es so kommt, werden wir sehen. Dass Aden auch eine lyrische Ader hat, zeigt – noch vor der Volksabstimmung verfasst – dieses kurze Poem:

On Brexit

Let them be gone or let them stay –
in my opinion either way
will cause to Germany dismay.
Their stay will lead to disarray,
and if they leave – who knows they may –
shortly for re- entry pray
and Germany the bill must pay.
For, irrespective what they say:
Hitler reigns until this day
over Britain`s minds and they
make us culprits anyway.

Von Menno Aden ist im April sein jüngstes Buch erschienen: Das Werden des Imperium Americanum und seine zwei hundertjährigen Kriege. (Ares Verlag GmbH, Graz 2016. 232 Seiten. Broschürt. 18 Euro. ISBN 978-3-902732-63-7). Über den Inhalt schreibt der Verlag:

Von der britischen bis zur amerikanischen Hegemonie

„Behandelt wird die Entwicklung des Imperium Americanum bis zur heutigen Vorherrschaft der USA unter zwei Gesichtspunkten: Ein Fokus betrachtet diesen Weg als Fortsetzung des Wettlaufs der europäischen Mächte um die Unterwerfung Indiens und der Errichtung eines Halbprotektorats über China infolge der Opiumkriege um 1860 zur globalen Hegemonie Großbritanniens. Das Imperium Americanum wird als Umformung dieser britischen Weltmachtstellung beschrieben. Die hegemoniale Alleinstellung Londons wandelte sich bis 1910 zur Doppelspitze London-Washington. Nach dem Sieg über die Mittelmächte im Ersten Weltkrieg trat die Alleinherrschaft Washingtons an ihre Stelle. Seit der Verkündung der Monroe-Doktrin (1823) konnte damit in einem hundertjährigen Krieg erreicht werden, was die USA von Anfang an als ihre manifest destiny ansahen, nämlich der Welt ihre Vorstellung von Recht und Demokratie zu bringen.“

Der zweite hundertjährige Krieg

„Mit dem Ersten Weltkrieg war die bis dahin herrschende Weltordnung zerbrochen. Ab 1920 flammten Unruhen in und zwischen den Befreiung suchenden Völkern auf. Ein neuer Wettlauf um Rohstoffe – jetzt vor allem um Erdöl – hob an, der im Mittleren Osten bis heute nicht entschieden ist. Diese Phase wird als zweiter hundertjähriger Krieg gedeutet, in dem die USA bei wechselnden Alliierten und Gegnern versuchen, die Weltordnung in ihrem Sinne zu stabilisieren. Vieles deutet darauf hin, dass sie diesen zweiten hundertjährigen Krieg nicht gewinnen werden.“

Das amerikanische Bewusstsein des Erwähltseins mit Gewalt und Rechtsbrüchen

„Der zweite Fokus zielt auf das amerikanische Erwählungsbewusstsein. Bei jedem Volk findet sich der Glaube, zu etwas Großem und Besonderem bestimmt zu sein. Dieser Glaube war und ist im Hinblick auf die USA besonders ausgeprägt. Er erlaubt es den Amerikanern, die beim Aufbau ihres Imperiums notwendigen Gewalttaten und Rechtsbrüche gegenüber den Ureinwohnern und anderen Staaten als gottgewollt und letztlich verzeihlich zu werten. Er bestimmt ihr Handeln offenbar bis heute ganz entscheidend mit und verleitet sie immer wieder zu Handlungen, die dem Völkerrecht widersprechen. Der Autor plädiert deswegen für ein effektives Völkerrecht, dem auch die Mächtigen unterworfen sind.“ Siehe hier.

Zur Person

Dr. iur. Menno Aden (Jahrgang 1942, Abitur 1962) hat Rechtswissenschaften in Tübingen und Bonn studiert (1963 bis 1967), wurde 1972 in Bonn promoviert, war in den Jahren 1971/72 Senior Research Officer am Institut für Rechtsvergleichung der Universität von Südafrika, war beruflich tätig in der Energie- und Kreditwirtschaft und von 1994 bis 1996 Präsident des evangelisch-lutherischen Landeskirchenamtes in Schwerin, dann bis 2007 Professor an der FH für Ökonomie und Management in Essen. Verheiratet, fünf Kinder. Er hat neben seiner Lehrtätigkeit zahlreiche Schriften im Bereich Bank-, Wirtschafts- und internationales Recht verfasst, auch theologische Schriften und Bücher zu anderen Themen. Aus dem „Klappentext“ seines Buches: „Etliche berufliche Einsätze in aller Welt führten ihn immer wieder zu der Frage, wie es den Vereinigen Staaten von Amerika gelingen konnte, über viele Kriege hinweg zur imperialen Macht aufzusteigen, anderen Nationen – wie zum Beispiel Deutschland – aber den Ruf eines „Störenfrieds der Weltordnung“ anzuhängen.“ Weiteres über Aden siehe hier.

http://kpkrause.de/2016/06/26/vielleicht-gehen-sie-nicht-die-briten/

 

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