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Post von Wolfgang: Lieber Bud Spencer!

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Von Wolfgang Luley

Lieber Carlo Pedersoli, alias Bud Spencer,
jeder muss einmal sterben; Ihr Tod gibt einem aber das Gefühl, da ist nicht bloß ein lieber Mensch gegangen, nein, der Magen wird flaumig und man denkt, man sehe einen Clown weinen.
Traurig aber waren Sie nie, nicht mal am Ende Ihres Lebens. Ihre Familie hielt zu Ihnen und begleitete Sie in Ihren letzten Stunden. Laut Ihres Sohnes Giuseppe Pedersoli haben Sie sich weder Schmerzen noch Verdrießlichkeiten ergeben. Ihr letztes Wort soll „Danke!“ gewesen sein. Das ist rührend: danke an die Familie und danke an ein erfolgreiches und glückliches Leben.
Richtigen Erfolg aber hatten Sie leider nie. Sie waren erfolgshungrig, hatten aber keine Ausdauer für echten Erfolg. Das klingt hart, ist es aber nicht. 1929 werden Sie in Neapel geboren und studieren in den 1950er Jahren Jura, schließen dieses Studium aber nicht ab. Stattdessen schwimmen Sie lieber und gewinnen, als Brustschwimmer, die Meisterschaft Ihres Landes zehn Mal hintereinander. Leider bleibt der internationale Erfolg bescheiden. (1951, bei den Mittelmeerspielen, Silbermedaille; 1952, Olympische Spiele in Helsinki, fünfter Platz; 1956, Olympische Spiele in Melbourne, elfter Platz.) Mit  27 Jahren, 1957, beenden Sie Ihre Schwimmkarriere. Statt aber seriös zu werden, etwa als ein Jurist, wozu Ihnen aber noch die Promotion fehlte, suchten Sie lieber den leichten Erfolg. So traten Sie 1959 im Monumentalfilm Hannibal auf. Pikant: einer Ihrer damaligen Kollegen: Ein gewisser Mario Girotti, der es als Terence Hill gleichfalls zur italienischen Schauspielerlegende schaffen sollte.
Umtriebig wie Sie waren, arbeiteten Sie zudem in Caracas am Fließband einer Automobilfabrik. 1960 kehrten Sie, wegen der sechs Jahre jüngeren Maria Amata, nach Italien zurück. Die Hochzeitsglocken läuteten, dann, 1961, brachte Ihnen der Klapperstorch Sohn Giuseppe; 1962 Tochter Christina. Und schließlich – ruhte er sich aus und kehrte erst 1972, mit Tochter Diamante, zurück. Die Schauspielerei tritt in dieser Zeit in den Hintergrund. Von 1960 bis 1964 arbeiteten Sie als Sänger und als Komponist der Plattenfirma RCA, für die Sie neapolitanische Lieder schrieben, die von der italienischen Sängerin Rita Pavone interpretiert wurden. Dann suchten Sie auf anderen Gebieten Erfolg.
1965 gründeten Sie Ihre Produktionsfirma, mit der Sie, für das italienische RAI-Fernsehen, viele nette Tierdokus produzierten. Waren Sie auf dem besten Weg, die italienische Ausgabe von Heinz Sielmann zu werden? Hahahaha – nein! Ihnen fehlte einfach das Durchhaltevermögen. Sie tranken stattdessen lieber Budweiser und sahen Filme Ihres Lieblingsschauspielers Spencer Tracy. Diese Kombination aus Bier und Hollywood brachte Sie dann auf die Idee Ihres Lebens. 1967 bekamen Sie das Rollenangebot für einen Film, in dem auch Mario Girotti mitspielen sollte.  Bereits der Filmtitel ließ keine Wünsche und Fragen offen: „Gott vergibt … Django nie!“ Dieser Film war genau richtig für einen mittelmäßigen Schwimmer, der nicht das Durchhaltevermögen für den Juristenberuf aufbrachte und auch als Sänger und Komponist, sowie als Produzent für Tierdokus, keine rechte Lust verspürte. Die Wende zu Erfolg und Ruhm sollte also ein Film bringen, der keine nennenswerte Handlung besaß, dafür aber Blut und Spaß und Blei versprach. Ich frage mich, wie viel Budweiser-Bier man getrunken haben muss, um das als ernste Rechnung in Betracht zu ziehen? Keine Ahnung und Terence Hill hat es auch nie verraten. Jedenfalls sah Carlo Pedersoli die Stunde für Spencer Tracy und Budweiser-Bier gekommen. Er trank gerne Budweiser und sah Spencer-Tracy-Filme, folglich nannte er sich: Bud Spencer. Man fragt sich, wenn man schon einer Bierlaune nachgibt, warum dann nicht: weiser Tracy? Oder: der weise Tracy? Diese Fragen sind dumm, gewiss; wenn man schon Bier trinkt und in einem Ich-schieß-euch-jetzt-alle-über-den-Haufen-Film mitspielt, sollte man keinen Mann abgeklärter Weisheit spielen. Somit war die Mischung aus Slapstick und Klamauk, wie sie der Name Bud Spencer andeutete, goldrichtig. Der Rest ist, wie man landläufig zu sagen pflegt, bekannt. Oder nicht?
Pustekuchen! Gewiss: Sie waren fortan auf den gutmütigen Kerl mit der Eisenfaust festgelegt, einer, der es nicht so mit Worten hat, dafür aber seine Gegner allesamt verdreschen kann. Dieses Schicksal war dem deutschen Schauspieler Raimund Harmsdorf beschieden. (Sie nannten ihn Mücke oder Der Große mit seinem außerirdischen Kleinen.) Am Ende dieser Filme bekommt Harmsdorf die Hucke so voll, dass man einerseits froh ist, weil der Bösewicht die gerechte Strafe bekommt und andererseits wirkt diese Keilerei so übertrieben, dass man Bud nicht der Selbstgerechtigkeit verdächtigen kann. Er ist und bleibt immer ein liebenswürdiger Spaßmacher – ein volkstümlicher Clown.
Volkstümlich blieb er auch als angehender Politiker. Ja, wer hätte das gedacht – Bud Spencer in der Rolle eines Politikers! Wer jedoch glaubt, der gute Bud wäre für die Linken ins Rennen gezogen, der irrt. Carlo Pedersoli mag nicht der Hellste gewesen sein, dumm war er aber nicht! 2005 kandidierte er bei den Regionalwahlen für die Partei des damaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Doch er konnte sich nicht durchsetzen. Im Nachhinein muss man das nicht bedauern. Er hätte eh nicht lange durchgehalten. Aber gut zu wissen, dass jemand, der für Schwächere kämpft, sich nicht automatisch von Linken vereinnahmen lässt. Doof war Pedersoli nur im Film – nicht aber im wahren Leben.
Was wird von Carlo Pedersoli bleiben? Die Filme mit Terence Hill und somit das Bild des gutmütigen Dicken mit der großen Faust. Ich glaube, das war Pedersoli immer. Egal ob als Schwimmer, Sänger, Vater oder Mensch. Für ernste Berufe hatte er keinen Nerv, er brauchte das Abenteuer und seinen Spaß dabei. Carlo Pedersoli ist somit der Typ eines Menschen, der sich viel ausprobiert aber nirgends richtig Erfolg gehabt hat, aber wenigstens als Clown zu Ruhm und Ehren kam.
Und jetzt, jetzt bleibt uns davon auch nicht mehr als die bloße Erinnerung.
Ein letztes Mal: danke, Carlo!
Dein
Wolfgang Luley

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