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George Orwell, Erich Kästner, Thomas Böhm?

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Ich bin heute mal etwas unbescheiden, aber als ich diese Rezension auf Amazon gelesen habe, hat mein Herz etwas höher geschlagen:

Autoren, die wortgewandt – mittels eines bilderreichen Mosaiks aus der Tierwelt – politische Strukturen, die Abläufe politischer Machtspiele und dergleichen einem jungen und alten Lesepublikum in Fabeln nahebringen konnten, waren z. B.
George Orwell – „Die Farm der Tiere“ von 1945
und
Erich Kästner – „Die Konferenz der Tiere“ aus 1949.1200x900_DasParlamentDerTiere-280x210
Mit diesem Buch legt der Autor Thomas Böhm eine weitere politische Fabel aus dem Tierreich vor, die sich nicht vor den zwei – gerade genannten – berühmten Fabeln zu verstecken braucht.

Der Autor schöpft ungemein geschickt aus der Reichhaltigkeit der deutschen Sprache bezüglich tierischer Ausdrücke. Wir begegnen im Buch z. B. dem „Amtsschimmel“, dem „Frontschwein“, dem „Galgenvogel“, dem „Höllenhund“, dem „Kredithai“, dem „Lockvogel“, der „Made im Speck“, dem „Platzhirsch“, dem „Pleitegeier“, dem „Ohrwurm“, dem „Opferlamm“, der „Rabenmutter“, dem „Schmierfink“, dem „Sparschwein“, dem „Spaßvogel“, der „Warteschlange“, der „Zeitungsente“, dem „Zugpferd“ und noch vielen anderen mehr.

Unter Ausnutzung des derartig vielfältigen Wortschatzes der deutschen Sprache gelingt dem Autor eine bemerkenswerte, in Teilen bitterböse und sarkastische Fabel über die Art und Weise, wie unsere sog. Liberal-Demokratien in der Praxis organisiert sind und wie politische Ränke- und Machtspielchen zu Lasten des „Stimmviehs“ gestrickt sind.

Die Fabel beginnt damit, dass das „Versuchskaninchen“ aus dem Labor entweichen kann. Vor der Flucht war dem „Versuchskaninchen“ noch ein hochkarätiger Viren-Cocktail verabreicht wurde, so dass als Folge der Flucht die ganze Menschheit durch eine Pandemie hinweggerafft wird.

In das Machtvakuum, welches die ausgestorbene Menschheit hinterlässt, möchte der „Platzhirsch“ stoßen. Er plant die Einführung der parlamentarischen Demokratie für das Tierreich und sammelt willfährige Wesen als Helfer um sich.
Der „Platzhirsch“ gründet die Partei „Bärendienst“ und organisiert mit seinen Handlangern alles Notwendige, um die Tiere für eine parlamentarische Demokratie zu begeistern.
Die „Zeitungsente“ z. B. verbreitet begeistert die „Fakten“ eines Interviews mit dem „Platzhirsch“; ein Interview, welches nur aus Worthülsen und Phrasen besteht – wie wir dies aus den Interviews unserer real existierenden Politiker zur Genüge kennen: Nichtssagendes Geschwätz.
Den Tieren wird bspw. nahegebracht, dass sich alle Tiere mit irgendeinem vegetarischen „Einheitsbrei“ zu ernähren haben. Dagegen protestieren die Raubtiere, welche geführt von dem „Salonlöwen“ eine weitere Partei gründen, den „Sauhaufen“.
Schließlich ist Wahltag, alle Tiere die zur Wahl gegangen sind, wurden ihrer Stimme beraubt und haben kein Rederecht mehr. Die Partei des „Platzhirsches“, der „Bärendienst“, obsiegt mit 89,1% der Stimmen, den Raubtieren und ihrer Partei „Sauhaufen“ verbleiben nur 10,1%
Das Parlament konstituiert sich im ehemaligen „Affenzirkus“, geht zügig an die Arbeit und organisiert die Aufgabenbereiche der zukünftigen Ministerien.
So wird einem „Dream-Team“, bestehend aus „Pleitegeier“, „Sparschwein“ und „Kredithai“, die Verantwortung für Wirtschaft, Steuern und Finanzen übertragen. Und der „Hornochse“ wird selbstverständlich Bildungsminister. Seine erste Amtshandlung besteht darin, dass er zurücktritt, weil alle Bildung überflüssig und gefährlich ist. Es sei notwendig Maßnahmen zu ergreifen, um die gefährliche Bildung zu unterbinden, z. B. durch Leseverbot und Vernichtung der Bücher.
Natürlich gibt es auch ein Gesundheitssystem.
Mit diesem Zuckerle wird die Oppositionspartei der Raubtiere – der „Sauhaufen“ – durch die Regierungspartei – den Bärendienst – bestochen. Wie dies? Ganz einfach! Der „Sauhaufen“ ist zuständig für die liebevolle Pflege der alten und kranken Tiere.
Es gibt jedoch im Tierreich Widerstand gegen die parlamentarische Demokratie von „Bärendienst“ und „Sauhaufen“. Nämlich die „wahren Demokratiere“, die nicht zur Wahl gegangen sind und unter Führung des „Wolfs im Schafspelz“ den Widerstand organisieren, Natürlich gilt diese „wildgewordene Hammelherde“, die jener „Wolf im Schafspelz“ anführt, offiziell als kriminelle, terroristische Vereinigung.
Schließlich kommt es zwischen dem „Platzhirsch“ und dem „Wolf im Schafspelz“ zum Showdown und … ! Lesen Sie selbst!

Dem Buch gebe ich eine klare Leseempfehlung. Eltern sollten gerade aufgeweckten Kinder das Buch zum Lesen geben.

Auch wenn der Autor Thomas Böhm seine Geschichte in Teilen gallig, bitterböse und sarkastisch erzählt hat, so macht dies nichts. Das Buch leistet als lehrreiches Kinderbuch eine notwendige Ergänzung zu dem Einheitsbrei, den die Lehrer ihren Schülern landauf und landab in den bundesdeutschen Schulen in Sachen ‚Politik und Gesellschaft‘ laut Lehrplänen der Bildungsministerien verabreichen müssen.

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