Erdingers Weissheiten – Das Schlimmste von gestern
Von Max Erdinger
“Brisante Mail aufgetaucht: Audi tiefer in Abgas-Skandal verstrickt als bisher bekannt.”, schrieb der FOCUS gestern abend.
Zitat: >Die Volkswagen-Tochter Audi ist viel tiefer in die Dieselbetrugsaffäre verstrickt als bislang offiziell eingestanden. Vier hochrangige Motorenentwickler des Unternehmens sollen beurlaubt worden sein, weil sie eine illegale Software für den 3.0-l-TDI-Dieselmotor entwickelt haben oder davon gewusst haben sollen. (…) So haben die Audi-Ingenieure offenbar nicht nur eine Betrugssoftware bei ihren eigenen Premium-3-Liter-Fahrzeugen eingesetzt. Sie sollen auch den Betrug bei VW maßgeblich begleitet und unterstützt haben. Audi gilt mittlerweile im Konzern als die “Mutter des Betrugs”.<
Meinereiner hält die mediale Berichterstattung im Zusammenhang mit dem sogenannten “VW-Abgasskandal” für verlogen. Es ist ständig von Betrug die Rede, wo man wohl eher von Notwehr reden müsste. Ein VW-Käfer von 1969 verbrauchte bei einem Gewicht von deutlich unter einer Tonne und einer Motorleistung von 34 – 50 PS bis zu 14 Liter verbleiten Benzins. Seine Höchstgeschwindigkeit lag bei etwa 130 km/h. Ein Audi A6 mit dem 3.0 Liter TDI Motor verbraucht kombiniert (Stadt/Landstraße/Autobahn) 6,2 – 6,4 Liter Diesel, wiegt etwa das Doppelte und schafft 250 km/h Spitze. Er ist außerdem mit einem Rußpartikelfilter und einem Diesel-Katalysator ausgestattet. Die Gegenüberstellung der beiden Modelle Audi 2016 und VW Käfer 1969 belegt einen enormen Entwicklungssprung, der für sich genommen schon jede Kritik verbietet.
Damit könnte es auch gut sein, wenn da nicht die Politik wäre und mit ihr Politiker, die schon in anderen Zusammenhängen bewiesen haben, daß Wolkenkuckucksheim ihr bevorzugter Aufenthaltsort ist. Es gibt praktisch keinen Lebensbereich mehr, für den sich Politiker heutzutage nicht zuständig fühlen. Abgasgrenzwerte sind für den Politiker ein Klacks. Damit kennt er sich aus wie mit allem anderen und deswegen definiert er einfach welche, an die sich die Autoindustrie dann zu halten hat.
Ich kann hier eine kleine Geschichte aus meinem persönlichen Umfeld berichten. In einem Autohaus bei uns in der Nähe steht seit über 400 Tagen ein Neuwagen der Preisklasse 50.000 Euro auf dem Hof. Der Wagen ist Baujahr 2014, ist noch keinen Kilometer gelaufen und war nie zugelassen. Der Besteller wollte bar bezahlen und hat die Abnahme des Wagens wegen finanzieller Schwierigkeiten verweigert. In diesem Autohaus hatte eine Angestellte jüngst enormen Stress. Sie hat versäumt, für die spätere Zulassung des Wagens eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen. Für die wiederum war aber inzwischen die Frist abgelaufen. Die Ausnahmegenehmigung hätte sie gebraucht, da Fahrzeuge des Baujahres 2014 nicht mehr den aktuellen gesetzlichen Vorschriften bezüglich ihres Schadstoffausstoßes genügen. Ein zwei Jahre alter “Neuwagen” kann deshalb in Deutschland nicht mehr zugelassen werden und müsste für einen Bruchteil seines Wert exportiert werden, etwa in die Türkei. Im Zusammenhang mit dieser Geschichte habe ich auch erfahren, daß ein Liebhaber, der sich beispielsweise vor zwanzig Jahren einen Neuwagen gekauft hätte, um ihn einzumotten, eine sicher geglaubte Wertsteigerung abzuwarten und erst heute zuzulassen, keine Chance mehr hätte, an ein amtliches Kennzeichen zu kommen.
Es ist unzweifelhaft so, daß sich das Auto – und auch der Autofahrer – zu einem der Liebingsfeindbilder der Politisch Korrekten entwickelt hat, nicht zuletzt deswegen, weil Autos auch Statussymbole sind. Als solche dokumentieren sie Einkommens- und Machtunterschiede in der “klassenlosen Gesellschaft der Menschen”, auch als “die Neidgesellschaft” bekannt. Noch in meiner Kindheit gab es für starke, große und teure Wagen Bewunderung, die auf ihre Fahrer übertragen worden ist. Das Auto an sich wurde begriffen als eine großartige Errungenschaft, als ein Freiheitserschaffer, der den Aktionsradius des Besitzers schier unendlich erweiterte und den Menschen von Fahrplänen erlöste. Und das, obwohl bei vergleichsweise geringer Automobildichte die Zahl der Verkehrstoten um das Dreifache höher gewesen ist als heute. Wann immer und wohin auch immer fahren zu können, könnte auch heute noch als positiv gewertet werden, wenn nicht ausschließlich die Schattenseiten der Massenmotorisierung in den Vordergrund gerückt worden wären. Das war ein gesellschaftspolitischer Vorgang, der mit der Technik eigentlich nichts zu tun hat. Das Auto wurde reduziert auf seine “Umweltschädlichkeit”, wobei schon der Begriff “Umwelt” eine philosophische Betrachtung wert wäre, auf die ich hier aus Zeit- und Platzgründen verzichten muß. Nur soviel: Der Begriff “Umwelt” tauchte in einem deutschen Wörterbuch zum ersten Mal im Jahre 1915 auf und fristete dann für etliche Jahre ein weitgehend unbeachtetes Dasein. Erst vor einigen Jahrzehnten wurde er populär und hat sich seither bis zur politischen Allzweckwaffe für Begründungen des eigentlich Unbegründbaren “weiterentwickelt”. Mit “Umwelt” läßt sich heute jedes Gesetz begründen, für das es, gemessen an den Bedürfnissen des Konsumenten, eigentlich keinen Bedarf gibt.
Betrug oder Notwehr?
Der sogenannte Dieselabgas-Skandal ist keiner. Kein Kunde eines VW oder eines Audi ist wirklich betrogen worden. Er wollte ein “umweltfreundliches” und sparsames Auto, das akzeptable Fahrleistungen und angemessenen Komfort bietet. Das hat er zweifellos bekommen. Es kann sich auch schon deswegen nicht um einen Betrugsskandal handeln, weil die deutsche Umwelthilfe jüngst ein Urteil erwirkt hat, wonach ganze Innenstädte für jeglichen Verkehr von Dieselfahrzeugen gesperrt werden können – und zwar unabhängig davon, wieviel Abgas sie ausstoßen. Wer ist also “betrogen” worden? Die politische Klasse ist “betrogen” worden! Ihr Wort und ihr “Sachverstand” sind Gesetz. Der Zeitgeist ist “betrogen” worden! Eine “Betrugssoftware” zu entwickeln, die Testsituationen bei Abgasmessungen erkennt, ist die Notwehr derjenigen, die Autos entwickelt und gebaut haben, welche von den Kunden so nachgefragt werden. An die müssen sie verkaufen, nicht an die politische Klasse in Wolkenkuckucksheim. Was allerdings tatsächlicher Betrug ist, geschieht mit dem vollen Einverständnis derjenigen Politiker, die sich beim sogenannten Abgasskandal betrogen fühlen. Dem Konsumenten Elektroautos als emissionsfrei anzudienen – das ist wirklicher Betrug! Start/Stop-Systeme in knapp zwei Tonnen schwere Dieselfahrzeuge einzubauen, die schon im Fahrbetrieb kaum mehr als sechs Liter verbrauchen – und das dann als “umweltfreundlich” zu etikettieren – das ist ebenfalls Betrug! Keines dieser Fahrzeuge kann bei einem Ampelstop durch einen abgestellten Motor so viel Emissionen einsparen, wie es wegen des notwendigerweise erhöhten Fahrzeuggewichts (Batterie, Anlasser, div. Steuergeräte) im Fahrbetrieb mehr erzeugt. Ein Fahrzeug, das mit hundert schweren Elektromotoren für Fensterheber, Schiebedach, automatische Heckklappenöffnung, Sitzverstellung und vieles mehr ausgestattet ist, kann per se nicht “umweltfreundlich” sein, jedenfalls nicht gemessen an den Maßstäben derjenigen, die im Falle VW und Audi von einem Betrugsskandal reden. Da hilft keine Start/Stop-Automatik darüber hinweg.
Beim angeblichen “Betrugskandal” geht es um eine einzige Sache: Findige Techniker haben ignorante Politiker ausgetrickst, andere findige Techniker haben das aufgedeckt und gepetzt. Das ist alles.
Als kleines Zuckerl am Schluß noch der Link zu einem göttlichen Video, das den “Sachverstand” und die Einbildung von Politikern dokumentiert. Es geht um den Einsatz der Bundeswehr in Syrien. Wie muß man wohl gestrickt sein, um diesem ignoranten Haufen die Definition zulässiger Abgasgrenzwerte zu überlassen und sich dann ihr Betrugsgeschwätz anzuhören?
Hier entlang … –> https://www.youtube.com/watch?v=0vfAdFuR6uM