Von David Berger
Die allgemeine Stimmung in der Homo-Community zum Fall des auf dem CSD München verletzten Marcel Rohrlack ist derzeit am Kippen. Viele beschuldigen das Opfer aus politischem Kalkül die Herkunft der Täter in der selbst gesuchten Öffentlichkeit verschwiegen und dafür Unbeteiligte beschuldigt zu haben. Nachdem man das Verhältnis Homosexualität und Islam besonders in den „queeren“ Medien seit Jahren tabuisiert und schöngeredet hat, macht es sich nun an den (virtuellen) Stammtischen selbständig. Ein Kommentar von David Berger
Der Fall des schwulen Sprechers der Grünen Jugend München, Marcel Rohrlack, der auf dem Nachhause weg vom CSD München von einer Gruppe junger Männer – aus homophoben Motiven – angegriffen und am Auge verletzt wurde, führt zunehmend zu immer kontroverseren Diskussionen. Diese beziehen sich auf sein Interview mit der Huffington Post http://www.huffingtonpost.de/2015/07/13/marcel-rohrlack-csd_n_7783098.html , in dem er der AfD und den „Besorgten Eltern“ die Schuld an dem ihm angetanen Unrecht gegeben hatte.
Seitdem durch die Suchmeldung der Polizei bekannt wurde, dass es für die Thesen Rohrlacks keinen Anhaltspunkt gibt, hat sich auch die Stimmung in den sozialen Netzwerken deutlich gedreht. Auf dem Facebook-Profil Rohrlacks, auf dem er selbst den Vorfall zuerst bekannt und fotografisch dokumentiert hat, überwiegen nun die kritischen Kommentare.
Dies rührt auch daher, dass die Polizei von einem „südländischen Aussehen“ der Täter spricht – was viele als Hinweis darauf interpretieren, dass es sich bei den Angreifern um junge Männer mit muslimischem Migrationshintergrund gehandelt hat. http://www.taz.de/!5169513/
Viele Facebookkommentare zeigen Ängste und eine Wut im Bauch, für die der Fall Rohrlack nur ein Auslöser war
Daher dann auch die fast wütenden Kommentare auf den strategischen Umgang Rohrlacks mit dem Vorgefallenen.
So schreibt ein Kommentator: „Ich würde ja sehr gerne sagen, dass es mir leid tut, Herr Rohrlack. Aber das wäre eine Lüge. Ich selber bin homosexuell, aber das, was Ihr da veranstaltet, musste ja auf lange Sicht zwangsläufig in sowas münden. Eure Affenliebe kommt Euch teuer zu stehen. Seit Jahrzehnten wird genau vor sowas gewarnt. Mit dem Feind auf Kuschelkurs zu gehen ist wie reine Blausäure trinken in der Erwartung, dadurch unsterblich zu werden. Ich möchte Dir dennoch vom ganzen Herzen gute Genesung wünschen und alles Glück dieser Erde, lieber Marcel.“
Und ein anderer bemerkt: „Ich bin für die Homoehe und gegen die Ausgrenzung von Schwulen und Lesben, aber auch dagegen, noch mehr Menschen ins Land zu holen, die einer Mittelalterreligion angehören und alles Westliche hassen und verdammen, daher kann ich eine gewisse Schadenfreude nicht verleugnen. Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber.“
Warum herrscht bei Opfer und Grünen nun eisernes Schweigen zu den Tätern?
Auch die, die vorher ganz auf der Seite des Grünen-Politikers standen, fragen nun mit Nachdruck an, was man nun zu den Tätern sagen können. So schreibt ein Facebook-Kommentator auf dem Profil von Marcel: „Sehr geehrter Herr Rohrlack, wurden die Täter gefasst? Waren es die üblichen nationaldeutschen Nazis? Warum wird nirgends ein Wort über die Täter verloren? Worauf beziehen Sie sich mit „be proud“?
Schweigen zu den Tätern nährt Spekulationen
Von dem Jungpolitiker und seiner Partei gibt es bislang zu den drängenden Fragen keine offizielle Stellungnahme.
Bester Boden dafür, dass andere sich der Sache annehmen. So etwas der Ex-Muslim und Menschenrechts-Aktivist Kaya Cahit in verschiedenen Facebook-Postshttps://www.facebook.com/kayacahit . So schreibt er: „Wie dumm muss man sich eigentlich fühlen sich so beherzt gegen JEDE Kritik an Muslimen und Islam einzubringen, um dann ausgerechnet von Muslimen als kranke Schwucht*el gesehen und zusammengeschlagen zu werden? So geschah es diesem Typen. Er ist Sprecher der Grünen Jugend München, eine Vorfeldorganisation islamistischer Gruppen, wenn man ihren Schwachsinn durchliest. Es ist kein Geheimnis, dass die Mehrheit der Muslime Schwule nicht nur nicht mögen, sondern regelrecht verachten. Ich könnte es gut verstehen, wenn man die Teile der modern denkend und lebenden Muslime in Schutz nimmt, die zu Unrecht angegriffen werden. Aber sich für ALLE stark zu machen und nichts Kritisches zuzulassen führt eben dazu, dass man auch die großen Gruppen von Neandertalern verteidigt, die sich unter Muslimen finden lassen: man verteidigt also Menschen, die einen selbst für krank und pervers halten und bei der ersten Gelegenheit vermöbeln, wie das Beispiel hier bestens zeigt. Lieber Marcel, ich weiß nicht ob ich Mitleid mit dir haben, oder ob ich dich auslachen soll. Aber so spontan würde ich sagen: HA HA!“
Sind die Angreifer selbst „Opfer von Islamophobie“?
Auch die „Homosexuellen in der AfD“ haben sich nun in der Sache zu Wort gemeldet. Der Bremer Bürgerschaftsabgeordnete und Bundessprecher der Homosexuellen in der AfD Alexander Tassis erklärt dazu: Es sei bereits „soweit gekommen, dass politische Korrektheit selbst körperliche Angriffe von Ausländern auf Schwule rechtfertigt. Nicht die Angreifer sind für ihre Taten verantwortlich, sondern sie werden scheinbar von der deutschen Kultur zu ihrer Schwulenfeindlichkeit getrieben. Ja, die Angreifer sind die Opfer von „Islamophobie“. Das stellt die Dinge auf den Kopf und Herr Rohrlack hat die gesamte Ideologie der politischen Korrektheit geschluckt. Es wird einmal eine Zeit kommen, an dem die Schwulenbewegung erkennen wird, dass sie spätestens in der Mitte des zweitens Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts vom Wege der Emanzipation abgekommen ist und Teil der Politischen Korrektheit geworden ist. Wer sich mit diesen Strang der Geistesgeschichte verbündet, wird daran langfristig als Homosexueller aufgeknüpft und nicht nur, wie aktuell geschehen, zusammen geschlagen werden.“
In vielen Kommentaren sind auch homophobe Töne hörbar
Es bleibt aber nicht bei in der Sache harten, aber fairen Kommentaren: In vielen Facebook-Kommentaren sind auch homophobe Untertöne hörbar, so dass eine Facebook-Kommentatorin, offensichtlich eine Verwandte Rohrlacks, bereits zur Mäßigung aufgerufen hat.
Irgendwie hat man den Eindruck, dass man die mit der versuchten politischen Instrumentalisierung gerufenen Geister nun nicht mehr los wird und sie sich gegen den wenden, der zuerst Opfer der Sache war – und ihn nun zum zweiten mal zum Opfer machen. Dass Marcel daran nicht unbeteiligt war, mag man zurecht einwenden.
Vielleicht ist es noch nicht zu spät: Wir brauchen jetzt eine kritische Debatte zum Verhältnis Islam und Homosexualität in Deutschland
Ob es angemessen ist, das – angesichts seines jugendlichen Alters – zu tun, scheint sehr fraglich. Jetzt wäre es Zeit, ihm strategisch klug die Augen für das zu öffnen, was da passiert ist, ihn vor einem weitergehenden Stockholm-Syndrom zu bewahren – Und den längst überfälligen Diskurs zum Verhältnis Islam und Homosexualität (auch in Deutschland) nicht denn (virtuellen) Stammtischen zu überlassen.