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Zeitungslese

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Von Nicolaus Fest

Welch unterschiedliche Reaktionen Gewaltsymbole wie Galgen oder Guillotine hervorrufen, war nicht nur auf dem Blog von Tichy zu lesen. Bei Demonstrationen gegen TTIP sind Tötungsautomaten Ausdruck zivilgesellschaftlicher Besorgtheit, bei Pegida Zeichen für angebliche Radikalisierung und Menschenverachtung. Ach je. Erinnert sich wirklich niemand mehr an die Demonstration gegen die Nachrüstung 1983 in Bonn? Da gehörten Galgen und Guillotine zur folkloristischen Grundausstattung aller Linken, und überall wurden Puppen von Uncle Sam verbrannt. Ebenso amüsant wirkt der Hinweis vor allem grüner Politiker auf die angebliche Gewaltbereitschaft der Dresdner Demonstranten. Denkt keiner mehr an Brokdorf, Wackersdorf oder Startbahn West zurück, die doch lange zu den Gründungsmythen der GRÜNEN zählten? Das Ende der Zivilgesellschaft ist das eine so wenig, wie es das andere war.

* * *

Zeitungslese 1, Sonntagabend: Noch weiß man nichts über Motivlage oder Verbindungen des Täters von Köln, und Köln ist weit von Dresden. Doch fürPeter Huth, Chefredakteur der B.Z. und in stellvertretender Position bei BILD, stehen schon einen Tag nach dem Messerangriff die Verantwortlichen fest. Es sind die Anhänger von Pegida, in seinen Augen „Straftäter und ihre Mitläufer“. Das ist dann schon ein weiter und völlig neuer Täterbegriff: Nicht bloß Sippen-, sondern Städtehaft. Und selbstverständlich will Huth das Demonstrationsrecht gleich mitabschaffen. Denn hier würden „aus Worten Taten“. Als muslimische Attentäter unter Alahu-Akbar-Rufen die Redaktion von Charlie Hebdo und Kunden eines jüdischen Supermarktes massakrierten, klangt das noch anders. Da hatte all dies nichts mit dem Koran zu tun.

Zeitungslese 2: In der ZEIT plädiert der bosnische Filmemacher und Künstler Adnan Softic (40) unter der Überschrift „Mehr Balkan wagen“ für kulturelle Diversität. Die jetzt einwandernden Migranten „werden unser nationales Geschichtsbild zerstören. Dafür müssen wir ihnen dankbar sein.“ Ganz abgesehen davon, dass der Balkan kaum als Beispiel für multikulturelle Stabilität und Friedlichkeit gelten kann, findet sich die interessanteste Information am Ende des Artikels: Softic ist, wer kann es ihm verdenken, 1992 im Alter von 17 Jahren nach Deutschland gekommen, also kurz nach Beginn des Jugoslawienkrieges. Seitdem lebt er in Hamburg. ‚Mehr Balkan wagen’ ist mithin kaum die Maxime seines eigenen Lebens. Aber so jemand gilt der ZEIT als Experte in Sachen Vielvölkerstaat und Multikulti…

http://nicolaus-fest.de

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