Von Sichtplatz
Stellen Sie sich vor, sie besitzen ein Hotel in einer Gegend, in der nicht allzu viele Touristen oder Geschäftsreisende übernachten möchten. Sie leiden zwar keine Not, aber so richtig gut läuft das Geschäft auch nicht. Das ist heutzutage kein Problem, denn sie können das Haus inzwischen nahezu problemlos an ihre Stadt oder den Landkreis zur Unterbringung von Flüchtlingen vermieten. Plötzlich wirft das Haus einen stabilen und fest planbaren Gewinn ab und ihr teures Personal können Sie außerdem noch größtenteils entlassen. Als Bonus gibt’s noch den guten Ruf dazu, denn Sie gelten trotzdem nicht als kaltherziger Gewinnmaximierer, der gar nicht an das Schicksal seiner Beschäftigten denkt, sondern als der gute Helfer für Flüchtlinge, der sie vor dem Erfrieren in der Winterkälte bewahrt. Soweit ist die Geschichte ja nicht neu, weil vielerorts schon so geschehen.
Doch es gibt für manche Hoteliers offenbar noch ein Sahnehäubchen, nämlich wenn Landkreis und Land versuchen, sich gegenseitig auszustechen, wer denn in ihrem Hotel seine Flüchtlinge unterbringen darf. Das klingt absurd? Das ist es auch, aber an Absurditäten überbietet sich die Zuwanderung nach Deutschland derzeit ja permanent. Aber vielleicht erzählen wir einfach diese nette kleine Geschichte aus der Provinz.
Sie führt uns nach Bernburg in Anhalt. Dort, wie überall, müssen viele Flüchtlinge untergebracht werden. Ein Bettenhaus des örtlichen Krankenhauses wird derzeit gerade in eine Flüchtlingsunterkunft umgebaut, speziell eingerichtet für Familien und Frauen mit Kindern. In den nächsten Tagen feiern Landespolitiker offiziell die Eröffnung dieses netten Asylbewerberheims. Auch der Klinikbetreiber feiert mit und rühmt seine soziale Verantwortung, auch wenn er sich die vom Land nicht schlecht vergüten lässt.
Aber das Bettenhaus reicht natürlich nicht. Auch nicht das erst im September eröffnete Asylbewerberheim im Stadtteil Roschwitz platzt bald aus allen Nähten. Aber da gibt es noch das Parkhotel, ein Haus mit 105 Zimmern und elf Suiten. Der Betreiber hatte der Verwaltung des Salzlandkreises angeboten, hier Asylbewerber unterzubringen. Platz wäre mindestens für 400.
Der Landkreis hätte vielleicht sofort zugegriffen, doch das Angebot des Hoteliers war der Kreisverwaltung zu teuer und wurde deshalb zunächst verworfen. Das musste den Hoteleigner nicht grämen, denn nicht nur Landkreise müssen Flüchtlinge unterbringen, auch das Land Sachsen-Anhalt sucht ständig nach neuen Immobilien für Erstaufnahmeeinrichtungen bzw. deren Außenstellen. Die Landesverwaltung zeigte Interesse am Park-Hotel und plötzlich möchte auch der Salzlandkreis wieder seine Flüchtlinge in das Haus schicken.
Für die Kreisverwaltung ist es doppelt wichtig, das Land auszustechen. Zum einen braucht es die neuen Quartiere, vor allem aber würde der Salzlandkreis mit einer Landeseinrichtung in Bernburg mehr Flüchtlinge verkraften müssen, als ohne. Denn die vom Land in der Erstaufnahme beherbergten Asylbewerber werden nicht auf die Quote der Zuwanderer angerechnet, die den Kommunen und Landkreisen von der Landesverwaltung zugewiesen werden. Würde das Land das Hotel belegen gäbe es mehr Asylbewerber im Kreis und weniger Platz für die Flüchtlinge, die man selbst unterbringen muss.
Die Mitteldeutsche Zeitung[1] hat nun berichtet, dass der Landrat jetzt doch zu einer Anmietung des Parkhotels für vier Jahre bereit ist. Offiziell soll erst in den nächsten Tagen entschieden werden. Doch die Mitarbeiter sollen schon ihre Kündigungen erhalten haben. Zimmer lassen sich im Netz nur noch bis zum 13. November buchen. Am 1. Dezember könnten die ersten Flüchtlinge einziehen. Ob die dann vom Land oder vom Landkreis geschickt und bezahlt werden, ist noch nicht klar. Eigentlich ist das auch egal, denn vom Steuerzahler kommt das Geld in jedem Fall.
[1] http://www.mz-web.de/bernburg/unterbringung-in-bernburg-ziehen-asylbewerber-ins-parkhotel-,20640898,32268636.html