Von Nicolaus Fest
‚Spectre’ gesehen, den neuen Bond. Nicht schlecht, wie immer eindrucksvolle Stunts und Locations, aber irgendwie unbefriedigend, dünn. Vermutlich fehlt das Seismographische. Bond war immer ein Dschihadist des Westens, und nur dann war er wirklich gut: Wenn es gegen Russen oder Nordkoreaner ging oder gegen Leute, die den Westen ausradieren wollten, ob per Erdbeben, Atomschlag oder Virenangriff. Jetzt aber, und nicht zum ersten Mal, ist nur noch der Westen selbst der Feind, und zwar der Geheimdienst sich selbst: In ‚Skyfall’ ein enttäuschter MI5-Mitarbeiter, nun ein Überläufer in ministerialen Rängen. Statt äußerer Bedrohung nur noch internal affairs. Warum Christopher Waltz sein Komplott plant, bleibt ebenso unklar wie Ziel und Motiv. „Information ist alles“ erklärt nichts. Während die westliche Welt in Paris massiv attackiert, das Versagen der Informationsdienste deutlich wird, geht’s im Bond um die Bedrohung durch eben jene Dienste. Das ist das Gegenteil von Zeitgespür und zudem der Plot einer Serie wie ‚Person of Interest’ und von ‚Staatsfeind Nr.1’, eines fast 20 Jahre alten Films. Nicht nur Bond ist alt geworden. Auch seine Gegner und ihre Weltverschwörungen hinken hinterher.
Zudem stört der Ausflug in die Küchenpsychologie, den Bond-Filme plötzlich zeigen. In ‚Skyfall‘ war das Motiv des Täters ein schwer derangiertes Mutterverhältnis, nun ist es ein Zwist zwischen Stiefbrüdern. Vielleicht wirken solche Psychologisierungen auf den weiblichen Teil der Zuschauer attraktiv; doch lag die Stärke vieler Bonds gerade in einem Männlichkeitsbild, das von Paartherapie so weit entfernt war wie seine Gespielinnen von der Idee, ‚dass man ja auch mal miteinander reden könne’. Aber aus und vorbei. Der nächste Bond ist eine Frau.