Von Alexander Heumann
2011 hat der „Europäische Rat“ der Regierungschefs – als ´nächsten Schritt´ seines „Staatsstreichs von oben“ (Prof. Schachtschneider) – den ESM (Europäischen Stabilitätsmechanismus) aus der Taufe gehoben, indem er Art 136 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der EU) im „vereinfachten Vertragsänderungsverfahren“ dergestalt änderte: „Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt zu wahren.“
Diese Voraussetzung liegt schon deshalb nicht vor, weil die Banken (außer der EZB) ihre Schäfchen längst im Trockenen haben und Griechenland daher mittlerweile nicht mehr systemrelevant ist. Zudem geht es nach dem neuen Vertragstext offensichtlich nicht um das, was allabendlich in deutschen Talkshows thematisiert wird – „Solidarität“ mit Griechenland und sonstigen „Europa“-Kitsch -, sondern um die „Stabilität des EURO-Währungsgebiets“, also um die Vermeidung eines Domino-Effektes auf andere EURO-Staaten bzw. die Abwendung deren (weiteren) wirtschaftlichen Niederganges.
Dieser Effekt wird jedoch durch weitere Griechenland-Hilfen ohne Grexit nicht verhindert, sondern geradezu mutwillig herbeigeführt. Frankreichs Hollande frohlockt angesichts der (nun zu erwartenden) „Einigung“ der EURO-Gruppe mit Griechenland, weil es auch für sein Land nun weiter Billigkredite gibt, wohingegen im Falle eines Grexits die Zinsen stiegen, also Schluß mit lustig wäre. Die Kapitalmärkte honorieren es, wenn selbst Griechenland ´auf-Teufel-komm-raus´ auf Risiko der Geberländer in der EURO-Zone verbleibt; solange der „Bürger“ bürgt, ist für sie alles im grünen Bereich. Währungsstabilität auf immer neuen Pump kann es aber generell nicht geben; ohne hierdurch induziertes Wirtschaftswachstum der betreffenden Volkswirtschaft kommt das ´Ende mit Schrecken´ auf kurz oder lang um so dicker. Egal – schließlich hat man notfalls die blöden Deutschen für die Rolle der ´Letzten´ auserkoren, die ´die Hunde beißen´. Ohnehin bürgt der Bürger nicht nur, sondern wird längst schleichend enteignet, Ersparnisse und Altersvorsorge schmelzen wegen Null-Zinsen und Inflation dahin.
Papier ist geduldig. Art 136 III AEUV verlangt als Bedingung für die „Aktivierung“ des ESM zudem „strenge Auflagen“, also das, worüber Griechen in deutschen Talkshows jammern und 60 % von ihnen beim Referendum ablehnten. Die Chance, dass diese „strengen Auflagen“ tatsächlich durchgeführt werden und – ohne Währungsabwertung (!) – dann auch noch den erhofften Effekt haben, ist jedoch verschwindend gering. Auch Tsipras glaubt nicht daran, an herzlose ´Austeritätspolitik´ per se nicht, zu deren Beendigung hat er sich schließlich wählen lassen. Tsipras glaubt aber auch nicht an „Demokratie“: Auf das Ergebnis des griechischen Referendums spukt er, insoweit ist er auch nicht besser als die größenwahnsinnigen Volksverräter der „EURO-Gruppe“. Woran Tsipras – wie alle linken ´Milchmädchen´ – glaubt, ist die Rosinen- oder Pippi-Langstrumpf-Theorie: Hauptsache erst mal frisches Geld auch ohne Grexit, notfalls wird das griechische Verfassungsgericht die Auflagen eben erneut für (teilweise) rechtswidrig erklären, nachdem die Kredite geflossen sind: Kostas fast nix.
Ökonomische Fakten zu Griechenland, zusammengestellt von der Afd: http://www.ja-zur-alternative.de/fakten-zu-griechenland-2
»A. Wie viel Geld hat Griechenland bisher erhalten?
- Griechenlandprogramm (Bilaterale Hilfen in den Jahren 2010 bis 2012)
Im Rahmen des 1. Griechenlandprogrammes wurden 73 Milliarden Euro an Griechenland ausbezahlt. (Davon trug die Eurozone einen Anteil von 52,9 Milliarden Euro, die in Form eines bilateralen Kredites gewährt wurden. Weitere 20,1 Milliarden Euro trug der Internationale Währungsfonds bei. Der deutsche Haftungsanteil an dem bilateralen Kredit beträgt 15,2 Milliarden Euro.)
- Griechenlandprogramm
Das zweite Griechenlandprogramm lief ab dem ersten Quartal 2012 und wurde vom Bundestag bis Juni 2015 verlängert. Mit dem Programm wurden rund 142 Milliarden Euro von der EFSF ausgezahlt und weitere knapp 12 Milliarden vom IWF.
Die EFSF ist der temporäre Rettungsschirm, mit dem Länder der Eurozone bei finanziellen Schwierigkeiten geholfen werden sollte. Die EFSF hat ihrerseits Kredite am Kapitalmarkt aufgenommen, um Griechenland helfen zu können.
Für die Rückzahlung dieser Kredite haftet die Bundesrepublik insgesamt im Umfang von rund 91 Milliarden Euro. Auf Griechenland entfallen ca. 40 Mrd. Euro.
- Griechenlandprogramm
Die Regierungschefs und Finanzminister der Eurozone haben sich nun im Juli 2015 auf ein 3. Griechenlandprogramm geeinigt. Dieses soll aus dem ESM kommen.
Auch dafür haften die Bundesrepublik und damit der deutsche Steuerzahler anteilig mit rund 27 Prozent. Die Gesamtsumme des Pakets ist noch unklar, soll aber bei rund 82 bis 86 Milliarden Euro liegen. Es geht also um weitere 22 bis 23 Milliarden aus Deutschland.
Summe der Griechenlandhaftung
Insgesamt haftet Deutschland nicht nur mit den Mitteln aus den 3 Rettungsprogrammen in einer Größenordnung von über 100 Mrd. Euro.
Hinzu kommt vor allem noch die Haftung für die EZB.
Diese hat erstens griechische Anleihen im Portfolio, die abgeschrieben werden müssen, falls Griechenland zahlungsunfähig wird. Zudem verwandeln sich bei einem Austritt Griechenlands die Target-Salden in Forderungen der EZB gegen Griechenland. Die EZB würde dann zu einem der größten Gläubiger Griechenlands. Deutschland haftet mit seinem prozentualen Anteil von ca. 27 Prozent an der EZB für etwaige Kapitalverluste.
Alle aus europäischen Mitteln gewährten Darlehen sind so niedrig verzinst, dass sie über die Zeit bis zur Tilgung entwerten. Insofern handelt es sich bei diesen Konditionen in Wahrheit um einen zweiten Schuldenschnitt, nach dem ersten in 2012.
B. EZB und Missbrauch der Geldpolitik
Inflatorische Geldpolitik der EZB
Die Geldpolitik der EZB bedeutet in erster Linie eine Gefahr für die Sparvermögen der Bundesbürger. Die EZB muss den Leitzins künstlich niedrig halten, damit sich die angeschlagenen Staaten wie Griechenland weiter finanzieren können. Wenn die Zinsen steigen würden, dann könnten diese ihre Schulden nicht mehr bedienen. Durch die niedrigen Zinsen und die Ausweitung der Geldmenge durch unkonventionelle Maßnahmen steigt die Gefahr einer Inflation.
Notkredite der griechischen Notenbank
Dem ist hinzuzufügen, dass in den letzten Monaten der griechischen Zentralbank sog. Notkredite vom EZB-System zugestanden worden sind (ELA-Mittel). Dies ist die Lizenz zur Geldemission, um die Geschäftsbanken und damit die Wirtschaft mit Geld zu versorgen. Damit wurden insbesondere die Euroabflüsse griechischer Bürger ausgeglichen, die diese ins Ausland geschafft haben zur privaten Vermögenssicherung. Diese ELA-Kredite belaufen sich inzwischen auf ca. 90 Mrd. Euro. Sie sind in den genannten „Hilfspaketen“ nicht enthalten.
Gefahr für die Sparvermögen der Bundesbürger
Den Schaden haben alle Sparer. Sie bekommen wegen der inflatorischen Geldpolitik wenig bis keine Zinsen auf Sparbücher. Lebensversicherungen werfen nichts ab und selbst private Krankenversicherungen und betriebliche Altersvorsorge sind gefährdet, weil auch diese auf höhere Zinsen angewiesen sind. Ohne ausreichend hohe Zinsen lassen sich die vertraglich versprochenen Erträge nicht finanzieren.
C. Griechische Wirtschaft und „Marshall-Pläne“
Reale Schrumpfung der griechischen Wirtschaft
Die Rettungsprogramme sollen die griechische Wirtschaft auf die Beine bringen. Das ist nicht gelungen. Die griechische Wirtschaft ist von 2004 bis 2012 in realen Zahlen geschrumpft. 2013 schrumpfte das BIP real um weitere 3,9 Prozent. Obwohl 2014 ein schwaches Realwachstum erzielt wurde, sprechen die historischen Daten nicht für die Reformfähigkeit der griechischen Wirtschaft. Der IWF rechnet für 2015 mit einem Nullwachstum. Ab 2016 werden 2 Prozent und für 2017 und 2018 sogar jährlich 3 Prozent Wachstum erwartet. Wenn diese Wachstumszahlen der Wirtschaft nicht erzielt werden, dann wird auch der Mittelbedarf für Griechenland größer. Alle von der EU in den vergangenen Jahren prognostizierten Wachstumsraten haben sich nicht realisiert. Es gab stets „Negativwachstum“ statt realem Wachstum.
Umfangreiche „Marshall-Pläne“ seit EU-Beitritt Griechenlands
Zusätzlich zu den darlehensbasierten Hilfsprogrammen erhielt Griechenland seit 1981, dem Jahr des Beitritts zur EU, verlorene Zuschüsse zur strukturellen Entwicklung der griechischen Wirtschaft. Es sollte damit von einer Schwellenlandökonomie in eine Ökonomie der entwickelten Volkswirtschaften Westeuropas verändert werden. Hierfür wurden über 200 Mrd. Euro aus EU-Haushaltsmitteln aufgewendet. Dieses Ziel wurde jedoch nicht erreicht.
Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf betrug in 2012 14.900 Euro und lag damit zwischen dem von Malta und Slowenien und unter 50 Prozent des deutschen BIP pro Einwohner. Schon in der Zeit zwischen 1948 und 53 hatte Griechenland aus dem Marshall-Plan der USA pro Kopf 92 US$ erhalten. Dies war das 15fache gegenüber den 6 US$ pro Kopf, die damals als Darlehen in die Bundesrepublik geflossen waren.
D. Griechische Verschuldung
Analyse des IWF
Die neueste Schuldentragfähigkeitsanalyse des Internationalen Währungsfonds kommt zu desaströsen Ergebnissen. Griechenland werde bis 2017 eine Schuldenlast von 200 Prozent des BIP zu tragen haben. 2022 seien es immer noch 170 Prozent. Es gebe bei diesen Zahlen überdies ein bedeutendes Risiko einer schlechteren Entwicklung. Nach Aussage des IWF hätten überhaupt nur wenige Länder vermocht, einen zur Bedienung dieser Schuldenlast erforderlichen dauerhaften Primärüberschuss (Haushaltsüberschuss ohne Zins- und Tilgungslasten) von 3,5 Prozent des BIP zu erzielen. Nach den Zahlen des IWF ist fraglich, ob sich Griechenland 2018 – also bei Auslaufen des geplanten dritten Programms – über den Kapitalmarkt finanzieren kann. Wenn nicht, dann muss ein viertes Programm aufgelegt werden. Dies alles ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass Griechenland im Jahr 2012 bereits einen Schuldenschnitt („hair cut“) gegenüber Privatgläubigern zugestanden bekam in einer Höhe von 107 Mrd. Euro. Dieser Schuldenerlass ist inzwischen durch Neuverschuldung wieder kompensiert worden.
Griechenland kann seine Schulden nicht tragen
Vor dem 2. Griechenlandprogramm wurde allgemein ein Schuldenstand von maximal 120 Prozent des BIP als tragfähig angenommen Um das zweite Programm realistisch erscheinen zu lassen, wurden alle möglichen Stellschrauben bedient. Unter anderem wurden Gewinne der EZB und nationaler Notenbanken unterstellt. Gleichwohl vermochte das zweite Programm nicht, den griechischen Schuldenstand unter 124 Prozent zu senken. Für das dritte Programm ist Griechenland, das derzeit bei 177 Prozent Schulden im Verhältnis zum BIP und in absoluten Zahlen bei Staatsschulden von rd. 360 Mrd. Euro liegt, jenseits aller Schuldentragfähigkeit.
Bisher keine Privatisierungen im vorgesehenen Umfang Das 3. Griechenlandprogramm ist ein Treuhandfonds vorgesehen, der einen Umfang von 50 Milliarden Euro haben soll.
Mit dem Verkauf von Staatsvermögen sollen die Zahlungen aus dem ESM reduziert werden. Schon bei der ersten Griechenlandhilfe war ein Privatisierungsprogramm von 50 Milliarden Euro vorgesehen. Die Zeiträume wurden immer weiter gedehnt. Bis heute hat Griechenland keine 5 Milliarden aus Verkäufen von Staatseigentum erlöst.
E. Fazit und Prognose: Rettung wird scheitern, Geld ist weg
Griechenland wird aus der Verschuldungsspirale nicht herauskommen.
Insgesamt lässt sich mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit vorhersagen, dass eine erneute Schuldenerhöhung die Schuldentragfähigkeit Griechenlands weit übersteigt. Der weitaus größte Teil der Darlehen wird niemals zurück zu erlangen sein. Die Tilgungszeiträume in Jahrzehnten sind in ihrer Realisierung völlig unvorhersehbar. Die Milliardenausgaben der Geberländer sind nur Kosten zum Zeitgewinn bis zum Staatskonkurs, der späteren Regierungen bzw. Generationen von Steuerzahlern überlassen werden soll. Es handelt sich somit um ein politisches Projekt, das sich gegen die vitalen Interessen breiter Bevölkerungsschichten richtet. Derlei ist nur möglich, da es keinerlei persönliche Haftung der handelnden Personen für ihr politisches Fehlverhalten gibt. Der Begriff der „politischen Verantwortung“, der häufig in diesem Zusammenhang gebraucht wird, ist ohne jeden Inhalt.«