Erdingers Weissheiten – Das Schlimmste von gestern
Die tägliche Kolumne von Max Erdinger
Also stand es gestern in der WELT: „Experten fordern Führungsquote auch für Migranten. Berater der Antidiskriminierungsstelle des Bundes verlangen eine Reform des Gleichbehandlungsgesetzes. Klagen gegen Firmen sollen leichter werden und mehr Minderheiten Zugang zu Chefposten bekommen.“
Meinereiner lehnt öffentliche Geschlechter- , Diskriminierungs- und Minderheitendebatten ab. Nachdem er sich einige Jahre intensiv mit dem bundesdeutschen Feminismus und seinen Folgen beschäftigt hatte, ist er zu der Ansicht gelangt, daß es sich dabei lediglich um einen Existenzberechtigungsnachweis für Linke handelt, die in der formal klassenlosen Gesellschaft dringend ein Ersatzproletariat brauchen, um ihr überflüssiges Weitermarodieren in Politik und Medien mit dem Anschein einer Rechtfertigung zu versehen. Das ist eigentlich eine Nulldebatte, die nun außer den Frauen auch noch andere Gruppen mit einschließen soll. Nulldebatte deshalb, weil sie niemanden fett macht, außer denen, die an einer solchen Debatte interessiert sind. Das wiederum sind bundesdeutsche Gewohnheitslinke, gerne auch beim Staat angestellt.
Experten
Warum grassiert allerweil die Expertenseuche? Damit man nicht mehr „Linke“ sagen muß! Linke sind zu „Experten“ geworden. Experten, so weit das Auge reicht. Wie Pilze schießen sie überall aus dem Boden. Mir sind in der letzten Viertelstunde bereits ein Migrationsexperte, ein Empathieexperte und einer für Gurkenhobel über den olfaktorischen Bildschirm gelaufen. Sie duften regelrecht nach „kenntnisreich und objektiv“, nach „Wissen samt getreulicher Wiedergabe“ auch, anstatt weiter, wie bisher der ordinäre Kulturbolschewik, einen pestilenzartigen Gestank zu verbreiten. Von diesen Unzipfeln werden nicht wenige aus Steuergeldern bezahlt. Nicht auszudenken, sie kämen mit ihrer Arbeit jemals an ein Ende. Dann wären sie arbeitslos. Auch, wenn sie vorher schon nichts Produktives geleistet haben, wäre das doch immerhin so bedauerlich, daß man es keinesfalls forcieren sollte. Wer weiß, wo diese Armada von Sozialpsychodingsbummsen sonst „arbeiten“ gehen würde. Sollte also die Frau des Orang Utans endlich mit dem Tierarzt gleichgestellt worden sein, wird es wieder etwas Neues zu tun geben für teuer Steuergeld. Migranten und andere Minderheiten werden da verständlicherweise voller Begierde ins Auge gefasst. Darüber hinaus hält man es in einem zivilisierten Volk wohl so, daß der Staat sich für gewisse Dinge nicht zu interessieren hat, weil das Private eben nicht politisch ist. Was jemand aus seinem Leben macht, ist ganz allein seine Sache. Individuelle Chancengleichheit durch Gleichberechtigung ist schließlich etwas völlig anderes, als eine staatlich aufoktroyierte Ergebnisgleichheit via Gleichstellung. Aber erkläre das einmal einem, der seine Kultur in der Kulturfabrik „macht“, nachdem er in der Kulturwerkstatt gelernt hat, wie das Liedermachen, das Weinmachen und das Möbelmachen geht. Aussichtslos! Sei´s drum: Den Spaß, den Linken ihr Minderheiten- & Diskriminierungsgeschwätz anhand ihrer eigenen Argumentationsmuster um die Ohren zu hauen, kann man sich schon mal machen. Es ist ja nicht so, daß unsereiner nicht wüßte, wie diese Muster gestrickt sind. Man muß Kollektivismen herstellen! Irgendein gruppenbezogener Mensch ist schließlich jeder, weswegen auch die „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ ein arges Übel für Linke ist.
Quotenwahnsinn
Erstens: Unterstellt, es gäbe tatsächlich Männer und Frauen, anstatt unzähliger Individuen mit einem von über sechzig sozial konstruierten Geschlechtern, dann wäre doch wohl zu konstatieren, daß Frauen ungeachtet ihres sozial konstruierten Geschlechts im Schnitt sechs Jahre länger leben als Männer – und daß das satte fünf Jahre mehr sind als im Jahr 1920. Damals betrug der Unterschied ein Jahr, ebenfalls zugunsten der Frauen jedweden sozial konstruierten Geschlechts. Wenn nun das Leben seiner Länge nach selbst das Maß aller Dinge geworden ist (Anschnallpflicht, Rauchverbot, Fitness, gesünder leben, Helmchen, alkoholfreies Bier, Antidepressiva), dann sind es wohl kaum die Frauen, die den Kürzeren gezogen haben im letzten Jahrhundert. Ganze Kreuzfahrtlinien müssten ihren Betrieb einstellen, wenn es keine lustigen Witwen mehr gäbe, die das Geld ihres allzu früh Verblichenen auf den Kopf hauen. Die armen Frauen!
Zweitens: Unterstellt, es gäbe Männer und Frauen nicht, dafür aber die unzähligen sozial konstruierten Geschlechter, dann wäre eine ganze Menge sozial Konstruierter durch Frauenquoten übelst diskriminiert. Das allerdings wäre dann wieder ein Fall für die AntidiskriminierungsbeauftragtInnen jedweden Geschlechts – und damit bisse sich der Quotenhund und in den eigenen Schwanz.
Drittens: Quotenforderungen für Frauen in den Top-Jobs der Wirtschaft sind Rosinenpickerei. Für die 25 gefährlichsten, unangenehmsten und mäßig bezahlten Jobs gibt es derlei Forderungen nicht. Die Industrietaucher, Gerüstbauer, Bergleute usw. dürfen als Männer gerne unter sich bleiben.
Viertens: Wirtschaftliche Erfordernisse einer Firma hängen nicht am Geschlecht ihres Chefs. Leute nach Geschlecht, Hautfarbe oder Herkunft einzustellen, anstatt allein nach Qualifikation & Kompetenz, ist daher die blanke wirtschaftliche Unvernunft.
Fünftens: Schwedische Frauen – und das will in Skandinavien ganz besonders etwas heißen – wünschen sich Umfragen zufolge ihre alten Männerchefs zurück. Frauen als Chefinnen sind vor allem ihren eigenen Geschlechtsgenossinnen ein Gräuel. Und meinereiner könnte auch lang und breit erklären, warum das so ist und warum es sich auch nicht vermeiden läßt.
Sechstens: Frauenquoten für die Vorstände börsennotierter Unternehmen aus Norwegen haben dazu geführt, daß sich eine Vielzahl von Firmen von der Börse verabschiedet haben. Die per Quote in den Job gehievten Topmanagerinnen sahen sich außerdem Schmähungen als „Goldröckchen“ ausgesetzt. Nicht auszudenken der Aufschrei, wäre „Quotzen“ das Wort der Wahl für die Norweger geworden.
Linke sehen Quotenbedarf dennoch überall. Kleinwüchsige sind bei den Basketballern unterrepräsentiert, in Sibirien gibt es zu wenig Giraffen und bei den Schuhplattlern fehlt es an beinamputierten Taubstummen. Es bleibt dennoch dabei: Für das Schlachtfeld fordern Rote Frauen nicht als Quotentote.