Ein Albtraum von BJ G.
Ich bin aufgewacht, aus diesem Albtraum,……..ich lebe, ich bin schweiß nass, ich atme tief durch und ich versuche mich zu erinnern, an diese grässlichen Bilder. Warum nur, warum nur? Welche schwarzen Raben haben wieder in meine Seele gehackt?
Zäune überall, hohe Zäune, ganze Wohngebiete umzäunt, ummauert, Zäune wie ich sie vor Jahren in Südafrika gesehen habe, oder auch in Namibia. Zäune die meine persönliche Freiheit einschränken, die mich einschränken und die meine Sicht auf den Himmel in die Natur durch Metallstäbe und Stacheldraht trüben oder durch grauen Beton zu Nichte machen.
Und dennoch weiß ich, dass diese Wachmänner, die am Eingang unseres umzäunten Wohngebietes patrouillieren, mit ihren Maschinengewehren wichtig sind, für mich, für meine Freunde, für unser Leben. Weiß, dass diese Zäune wichtig sind, für die wenigen Verbliebenen.
Die Fahrt in die Stadt muss geplant und organisiert werden, denn das Einsteigen in einen öffentlichen Bus ist zu riskant. Es drohen Raub und körperliche Gewalt und die ständige Angst um mein mittlerweile erbärmlich gewordenes Leben.
Ja, es gibt zwei Mal am Tag Fahrten mit dem privaten Bus zu dem bewachten Einkaufszentrum in der Nähe. Fahrten im bewachten und von uns Anwohnern bezahlten Bus. Um das Einkaufszentrum gibt es eine hohe Mauer und man muss sich ausweisen, wenn man hinein will. Auch hier kontrollieren und bewachen bewaffnete Sicherheitskräfte. Die Preise für die täglich notwendigen Lebensmittel sind entsprechend gestiegen, für den Luxus bewacht und beschützt einkaufen zu können.
Ich bin froh, dass meine Enkel im sicheren Ausland in eine Schule gehen, denn hier ist es fast unmöglich geworden, seine Kinder in eine öffentliche Schule zu schicken. Mobbing, körperliche Gewalt, Bedrohungen und Beleidigungen gegen die wenigen vorhandenen Ureinwohner und deren Kinder sind normal. Außerdem müssen sie wenigstens zwei Stunden pro Tag am Islamunterricht teilnehmen, ungeachtet ob sie einer Religion anhängen oder nicht.
Ja, doch es gibt sie auch noch, die feinen Schulen, wo Kinder das lernen können, was wir seinerzeit in Geschichte, Mathematik, Deutsch, Politik etc. so frei haben lernen dürfen. Deutsch gibt es nicht mehr als Unterrichtsfach.
Ich habe gehört, dass in Deutscher Geschichte nur noch die Zeiten zwischen 1932 und 1945 gelehrt werden. Davor und danach hat anscheinend gar nichts stattgefunden.
Abseits der großen Städte hinter riesigen Mauern findet man sie. Aufwendig bewacht, gesichert und natürlich nur für Menschen, die das irrsinnige Schulgeld dafür aufbringen können, damit ihre Kinder keinem täglichen Terror durch Mitschüler ausgesetzt sind.
Bewacht Tag und Nacht, verköstigt und unterrichtet, und natürlich mit wahnsinnigen Sondersteuern belegt.
Wir, die wir lange und fleißig gearbeitet haben, die wir in schöneren Tagen gut leben konnten, könnten es uns nicht leisten, unsere Kinder dort ausbilden zu lassen.
Ich bin zwar unendlich traurig, dass ich meine Kinder und Enkel so selten sehen kann, aber dennoch froh, dass sie zwar weit entfernt, aber doch sicher und frei aufwachsen können.
Ich weiß nicht was es für Leute sind, welche ihre Kinder dort in diese Schulen abseits der Elendsstädte hinschicken und hinschicken können. Ich will mir auch keine Gedanken darüber machen.
Ich habe genug Sorgen. Ich muss den nächsten Arztbesuch planen.
Es wird wieder viel Geld und Zeit kosten mit dem Sicherheitstaxi in das zentrale Krankenhaus zu fahren. Ja, ein gepanzertes Auto kostet mehr, als ein normales Taxi und eine freie Arztwahl steht mir nicht mehr zu. Ich werde den ganzen Tag warten müssen, bis meine Untersuchung stattfindet. Vielleicht habe ich Glück und ich komme schon nach vier Stunden dran. Ich darf nicht vergessen 500,00 € mit zu nehmen, sonst kann ich gleich wieder nach Hause fahren.
Ich weiß nicht mehr, ob ich bis zum letzten Tag dieses Monats noch durchkomme mit meinem Geld. Vielleicht brauche ich es ja auch nicht mehr.
Es ist alles so teuer geworden. Meine letzten Ersparnisse gehen dem Ende zu und die Rente, für ich mein Leben lang gearbeitet habe, ist so klein geworden, dass ich mit kleinen Nebenjobs, versuche durchzukommen.
Aber ich bin dummerweise eine Autochthone und muss immer aufpassen, dass ich nicht auffalle, sonst würde man mir mein bescheidendes Leben noch mehr zur Hölle machen.
Doch…… wenn ich sehr reich wäre, dann bräuchte ich diese Tortur nicht durchzumachen. Ja, dann würde ich erst gar nicht mehr hier leben.
Nicht mehr in diesem Land, das nur noch aus Zäunen und Mauern besteht.
Ich denke an Zeiten, die lange vorbei sind und erinnere mich an endlose Debatten über Grenzzäune. Die Zäune und Mauern, die ich heute hier sehe, hätten für die Umzäunung eines ganzen Kontinents gereicht.
Ich habe Angst vor Morgen, vor der schrecklichen Fahrt durch die Elendsviertel dieser Stadt, die ich noch vor Jahren als Wohngegenden des so genannten deutschen Bildungsbürgertums kannte. Müll überall, Zerfall deutlich sichtbar, herumlungernde junge Männer aller Hautfarben, welche selbst vor dem gepanzerten Taxi keinen Respekt zeigen. Es wird wieder eine Höllenfahrt werden für mich und dem mit einem Maschinengewehr ausgestatteten Fahrer, zu dem Krankenhaus mit der riesigen Mauer drum herum. Vielleicht hat man ja ein Einsehen und gibt mir das was ich brauche, um mit dem minimalen Rest von Würde der mir verblieben ist, Abschied zu nehmen aus dem Land mit den vielen Mauern und Zäunen.