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Volk ohne Wort

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Von Manfred Kleine-Hartlage

Es folgen Auszüge aus einem Artikel, den Sie vollständig in COMPACT 9/2015 lesen können. In den nächsten Tagen am Kioskkaufen oder gleich hier bestellen .
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_ Manfred Kleine-Hartlage

Das BRD-System hat eine eine eigene Terminologie entwickelt, die die Demokratie zum Verschwinden bringt und das Erfassen der Realität unmöglich macht. Die totalitären Eingriffe der Machthaber in unser Alltagsleben werden durch die süßlichen Worthülsen der Antifa-Propaganda kaschiert.

Jedes Regime, das auf Dauer bestehen will, bedient sich einer herrschaftslegitimierenden Ideologie, die sich in einer ihr entsprechenden Sprache verdichtet, gruppiert um wenige Zentralbegriffe, in denen das jeweilige System seine Träger, seine Leitideen, die Quelle seiner Legitimität und damit letztlich sich selbst beschreibt: Im Mittelalter etwa waren dies Begriffe wie „Gott – Kirche – Kaiser – Reich“, im Realsozialismus „Sozialismus – Partei – Proletariat“, im Dritten Reich „Rasse – Führer – Bewegung“.

Selbst wenn es sich um ideologische Fiktionen handelte, konnte kein Regime es sich leisten, auf seine Begriffe und den mit ihnen verbundenen Anspruch zu verzichten oder sie willkürlich durch andere zu ersetzen. Ein Regime, das dies getan hätte, hätte sich eben dadurch als im Übergang, ja in Auflösung befindlich ausgewiesen. Genau in dieser Lage ist die BRD. Ihre hergebrachte Selbstbeschreibung, die auf den Begriffen „Demokratie“, „Freiheit“, Rechtsstaat“ und „Volk“ (als Souverän) beruht, verschwindet – noch – nicht aus den Lehrbüchern des Staatsrechts (deren Inhalte dennoch zusehends zur Fiktion verkommen), wohl aber aus der öffentlichen politischen Sprache.

(…)

Der Begriff „Rechtsstaatlichkeit“ wiederum impliziert mindestens, dass der Staat niemanden willkürlich benachteiligt (etwa durch Quoten) und ein illegal erworbenes Gut (zum Beispiel den Aufenthalt in Deutschland) dem Erwerber wieder wegnimmt. Da hierdurch aber die „Vielfalt“ und die „Toleranz“ beschädigt würden, weicht der „Rechtsstaat“ einem anderen Gut, das euphemistisch „Gerechtigkeit“ genannt wird und in etwa besagt, dass ein „Benachteiligter“ grundsätzlich zu bevorzugen und der, gegen den sich seine Forderungen richten, automatisch ein ihn Benachteiligender ist, den man daher getrost seinerseits benachteiligen darf.

Diskriminierung im Namen der „Gerechtigkeit“, Intoleranz im Namen der „Toleranz“, Desintegration als Mittel zur „Integration“: Man täte der Sprache der BRD zu viel Ehre an, wenn man in ihr nach logischer Konsistenz suchte, die normalerweise auch für Herrschaftsideologien charakteristisch ist. Die heutige Sprache der BRD, die zunehmend deren traditionelle Selbstbeschreibung verdrängt, basiert auf Begriffen, die als Ergebnis von Denkprozessen entstanden wären. Es handelt sich um ein eklektisches Sammelsurium von Schlagwörtern, die keine politische Theorie formulieren, wohl aber Gefühlsassoziationen hervorrufen und einen unverwechselbaren Sound erzeugen.

(…)

Eliten, die ihr herrschaftslegitimierendes Vokabular zu Gunsten einer Nebelsprache aufgeben, denken selbstredend keineswegs daran, zugleich mit den Legitimitätsgrundlagen auch die Herrschaft selbst zu opfern. Sie soll lediglich auf neue ideologische, rechtliche und politische Grundlagen gestellt werden. Da die alten aber noch gelten und weder aus den Gesetzbüchern noch aus den Köpfen der Bürger verschwunden sind, bedarf es der Vernebelung. Es handelt sich schlicht um die Sprache von Putschisten, und es spricht Bände, dass zu den ausrangierten Begriffen nicht zuletzt das Wort „Verfassungsfeind“ gehört, das die herrschenden Eliten sonst ja zuallererst auf sich selbst anwenden müssten.

(…)

Positive PR-Phrasen erfüllen ihren Zweck umso besser, je unklarer sie sind; eine Feindbestimmung dagegen muss eindeutig sein, sonst taugt sie nichts. Und eindeutig ist sie in der Tat. Der Konsens, der das gesamte Spektrum vom Schwarzen Block der Anti-Fa bis zur CSU, von taz bis FAZ zusammenhält, lautet: Der Feind steht rechts. Dabei ist die Definition des Wortes „rechts“ selbstverständlich nicht Gegenstand einer ernsthaften ideologischen Auseinandersetzung, schon gar nicht einer fairen, aber wer alle Personen, Positionen und Organisationen Revue passieren lässt, die in irgendeiner Form als rechts gelten, findet schnell den gemeinsamen Nenner:

Rechts ist, wer für die Erhaltung der traditionellen Familie, den Fortbestand des eigenen Volkes und des Nationalstaates oder die Integrität der christlichen Religion eintritt. Rechts ist also, wer diejenigen Strukturen erhalten will, die seit alters her eine solidaritätsstiftende Funktion hatten und haben.

Solange die Linke mit Marx auf den dialektischen Umschlag hoffte, der die kapitalistische Barbarei in ein sozialistisches Paradies verwandeln werde, hatte der linke Wille zur Zerstörung hergebrachter solidaritätsstiftender Strukturen noch eine gewisse, wenn auch reichlich spekulative, intellektuelle Grundlage. Heute aber, da praktisch niemand mehr an eine solche Dialektik glaubt, ist der „Kampf gegen Rechts“ nichts anderes als ein Kampf für das neoliberale Projekt, für die Atomisierung der Gesellschaft, die zur Knetmasse in der Hand der Machthaber verkommt.
(…)

Eine solche Gesellschaft schreit dann geradezu danach, „befriedet“, das heißt kontrolliert und unterworfen zu werden: zum einen durch immer weiter reichende totalitäre Eingriffe des Staates ins Alltagsleben – die Überwachungsorgien der USA und die Neusprechorgien der BRD liefern dabei nur blasse Vorgeschmäcker dessen, was uns erwartet –, zum anderen durch die umfassende Korrumpierung jedes einzelnen Menschen. Ein Mensch, der nur noch hedonistische Konsuminteressen hat, und der deshalb über diese vermeintlichen Interessen manipulierbar ist, ist der von den Herrschenden gewünschte Typ. Daher der Kampf gegen die Familie, die Nation, die Religion und alle Sittlichkeitsnormen, politisch abgesichert durch einen „Kampf gegen Rechts“. Da der überkommene demokratische Rechtsstaat mit dieser Art von totalitärer Herrschaft nicht vereinbar ist, wird er zu Gunsten unkontrollierbarer supranationaler Organisationen abgewickelt und das ihn beschreibende Vokabular aus der öffentlichen Sprache verdrängt.

(…)

Opposition dagegen kann nicht einfach nur konservativ sein – das hieße ja, das konservative Vorurteil zu Gunsten etablierter Eliten zu konservieren. Sie kann aber auch nicht einfach nur links sein – das hieße, sich an der Zerstörung solidaritätsstiftender Strukturen zu beteiligen. Wer nur links (und dabei nicht auch ein bisschen rechts) ist, ist nicht wirklich links; wer nur rechts (und dabei nicht auch ein bisschen links) ist, ist nicht rechts.

https://www.compact-online.de/volk-ohne-wort/

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