Quantcast
Channel: Jouwatch
Viewing all articles
Browse latest Browse all 5603

LANDTAGSWAHLEN

$
0
0

Von Max Erdinger

Man kann sich alle möglichen Staatsformen schön reden. Mir gelingt das am besten mit der Monarchie, immer vorausgesetzt, daß ich der König wäre. Demokratie ist auch nicht übel. Man muß sie ja nicht zwingend mit der Massen- und Mediendemokratie gleichsetzen, wie wir eine haben. Aber wir haben sie nun einmal und sie gab den Rahmen ab für die gestrigen Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt. Strahlender Sieger wurde dabei die AfD, die überall zweistellig in die Landtage einziehen wird, in Sachsen-Anhalt sogar mit über 24 Prozent. Das ist, den defizitären, aber unabänderlichen Rahmen einmal außen vor gelassen, ein tolles Ergebnis. Die AfD startete erst vor drei Jahren, damals als „Wahlalternative 2013“. Herzlichen Glückwunsch daher an die Politiker der AfD!

Wenn man sich die mediale Aufbereitung der krachenden Niederlage für die Altparteien im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gestern anschaut, erkennt man Etliches, das zur Hoffnung berechtigt.

Erstens: Die Altparteien kommen gar nicht darauf, daß ihre desaströsen Verluste etwas mit ihrer Politik zu tun haben könnten. Das berechtigt zu der Hoffnung, daß sie so weitermachen werden wie bisher, mithin also an ihrer eigenen Bedeutungslosigkeit „arbeiten“. Das spielt der AfD in die Hände. Die Altparteien stecken in der Zwickmühle. Ändern sie ihre Politik und gleichen sich der AfD an, stehen sie angesichts ihrer vorangegangenen Verteufelung der AfD endgültig gar als undemokratische, prinzipienlose Apparatschiks da, denen nichts wichtiger ist, als das eigene Wohl und Frommen, in welchem sie – „leider-leider“ – noch immer vom Wähler abhängen. Beharren sie hingegen weiter auf ihrem alten Kurs, haben sie ebenfalls nichts mehr zu gewinnen. So oder so: Die AfD wird immer profitieren.

Zweitens: Es hat sich bewahrheitet, was ich für die AfD bereits zu Zeiten des unmöglichen Bernd Lucke prophezeit hatte. Das Wählerpotenzial für die AfD ist in der Gruppe der vorherigen Nichtwähler schier unerschöpflich. Es gab einen signifikanten Anstieg bei der Wahlbeteiligung, von dem niemand so sehr profitiert hat wie die AfD. Für jeden, der die Parteindemokratie in ihrer Erscheinungsform als Medien- und Massendemokratie als das Non-Plus-Ultra ansieht, ist das fabelhaft. Und für jeden, bei dem es anders ist, sind die gestrigen AfD-Erfolge immerhin noch ein schönes Ergebnis im Rahmen des Möglichen. Eine gestiegene Wahlbeteiligung nährt die Idee vom Segensreichtum der Demokratie wenigstens insofern, als daß die Wahl eben als das Mittel vorgesehen ist, mit dem der Souverän sich artikuliert. Artikuliert sich der Souverän, anstatt in der inneren Emigration zu verschwinden, dann ist das per se schon gut.

Drittens: Der innerparteiliche Druck auf Merkel wird in der CDU weiter wachsen. Ich nehme an, daß Merkels Tage als Kanzlerin gezählt sind. Ein merkelsches „Weiter so!“ wird die CDU bei der nächsten Bundestagswahl 2017 ins absolute Desaster stürzen. Das muß mit den gestrigen Landtagswahlen jedem in der Union klargeworden sein. Es besteht also seit dem gestrigen Tage die berechtigte Hoffnung, daß es in der CDU zum Putsch gegen den Bundeshosenanzug kommen wird. Wer allerdings, eben weil sich die CDU von Merkel seit Jahren am Nasenring durch die Arena führen läßt, jeden Respekt vor den ehemaligen „Christkonservativen“ verloren hat, für den ist das fast schon egal. Auch ohne Merkel wird die Union mit dem gegenwärtigen Personal in seiner Achtung nicht wieder steigen. In der CDU hat es sich für lange Zeit „ausgemerkelt“. Und bis die Union einen Kurs findet, den man ihr nicht als Kopie des AfD-Kurses ankreiden wird, dürften noch viele Jahre ins Land ziehen.

Viertens: Die schönste Hoffnung, der man sich wider Erwarten seit gestern hingeben kann, ist die, daß dieses verkrustete Parteiensystem mit seinen Proporzregelungen und der ganzen Vetternwirtschaft womöglich doch in der Lage sein könnte, sich aus sich selbst heraus zu renovieren.

Insofern ist der Ausgang der Landtagswahlen gestern zugleich ein schöner Start in eine sonnige Frühlingswoche. Im Moment strahlt der Himmel in AfD-blau und die Sonne lacht. Es bleibt aber spannend.

Flattr this!


Viewing all articles
Browse latest Browse all 5603